Der Weg für das umstrittene Gesetz zur Pkw-Maut ist scheinbar frei. In der Nacht zum Dienstag einigten sich Vertreter von CDU und SPD auf einige Änderungen. Nun soll das Gesetz am Freitag vom Bundestag beschlossen werden. Foto: dpa

Baufällige Brücken, marode Straßen, kaputte Weichen. Es fehlt an Geld – egal, ob bei Autobahnen, Kreisstraßen, Schienen oder Schleusen. Die Maut soll das verändern. Unser Kommentator Frank Schwaibold ist skeptisch. Er ist der Meinung, das neue Gesetz sei ein Bürokratiemonster.

Stuttgart - Baufällige Brücken, marode Straßen, kaputte Weichen. Und die Uhr tickt scheinbar unaufhaltsam. 47 Milliarden Euro – auf diesen gigantischen Betrag summiert sich bereits der Wertverlust, den die Verkehrswege in Deutschland erleiden. In welch dramatischem Tempo sich die fehlenden Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur weiter erhöhen, ist täglich nachzulesen beim Verlustrechner, den der Auto Club Europa seit Februar auf seiner Internetseite in Betrieb genommen hat.

Es fehlt also an Geld – überall, egal ob bei Autobahnen, Kreisstraßen, Schienen oder Schleusen. Von daher sollte man meinen, dass eine Pkw-Maut eine Einnahmequelle sein könnte, die zusätzliches Geld in die Kasse spülen könnte. Doch die Lösung, die der CSU-Politiker und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt auf den Weg gebracht hat, ist eher ein schlechter Witz denn eine solide Einnahmequelle. Grund dafür sind die Vorgaben, mit denen Dobrindts Parteichef Horst Seehofer im vergangenen Bundestagswahlkampf auf Stimmenfang ging. Er versprach, dass die Maut nur Ausländer zusätzlich belasten und dass sie trotzdem nicht gegen EU-Recht verstoßen werde.

Das Ergebnis ist ein Bürokratiemonster. Die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland werden nach Schadstoffausstoß und Motorgröße gestaffelt. Deutsche Fahrer wiederum bekommen die variablen Kosten je nach ihrem Fahrzeug über die Kfz-Steuer anteilig erlassen.

Im schlimmsten Fall zahlt man noch drauf

Noch glaubt Dobrindt, dass mit seiner Pkw-Maut nach Abzug der Systemkosten jährlich rund 500 Millionen Euro übrig bleiben. Der Verkehrswissenschaftler Ralf Ratzenberger hat ebenfalls gerechnet – weniger optimistisch, man könnte auch sagen: wesentlich realistischer – und kommt zu einem vernichtenden Ergebnis: Er geht von Mauteinnahmen in Höhe von nur noch 262 Millionen Euro aus. Zieht man die Verwaltungs- und Erhebungskosten von etwa 300 Millionen ab, zahlte man im schlimmsten Fall sogar noch drauf. Wahrscheinlich wird die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen, aber selbst diese Bilanz wäre miserabel angesichts des enormen Aufwands.

Dabei hatten sich die Verkehrsminister der Bundesländer längst auf neue Finanzierungsmodelle geeinigt. Sie schlagen vor, die Lkw-Maut schrittweise auf alle Bundes-, Landes- und Kreisstraßen auszuweiten und auch Lkw ab einem Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen mit einzubeziehen.

Für die Lücke bei den Sanierungsmitteln hat die sogenannte Daehre-Kommission ein jährliches Defizit von 7,2 Milliarden Euro ausgemacht. Mit der Ausweitung der Lkw-Maut könnte man die Hälfte der Summe einspielen. Doch der Alleingang der CSU hat ein rasches Umsetzen dieser Lösung verhindert. Statt Milliarden-Einnahmen gibt es jetzt im günstigen Fall einige Hundert Millionen Euro pro Jahr. Zudem läuft Deutschland nach wie vor Gefahr, dass die EU die CSU-Maut doch noch für nicht zulässig nach europäischem Recht erklärt.

Besonders absurd an der geplanten Pkw-Maut ist auch, dass künftig nun für alle Pkw und für alle Lkw ab zwölf Tonnen Gesamtgewicht eine Maut fällig wird. Die Fahrzeuge zwischen 3,5 und zwölf Tonnen aber fahren weiterhin kostenfrei. Das ergibt auch aus einem anderen Grund wenig Sinn: Denn die Straßen werden, je schwerer ein Fahrzeug ist, desto stärker verschlissen. Bleibt als trauriges Fazit: Die bayerische Variante der Pkw-Maut taugt zwar vielleicht fürs Ego von Horst Seehofer, aber eine sinnvolle Finanzierungsquelle für die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist sie ganz sicher nicht.