Kann man sich rückwirkend krankschreiben lassen? Foto: Tero Vesalainen/Shutterstock

Sie können nicht direkt zum Arzt gehen, beispielsweise weil die Praxis geschlossen ist oder weil Sie nicht mobil sind? Wir klären auf, ob und wie Sie die Krankschreibung rückwirkend funktioniert.

Wer krank ist, muss nicht zur Arbeit gehen. In der Regel erhalten Angestellte für eine Dauer von bis zu 6 Wochen weiterhin ihr Gehalt, danach ein Krankengeld. Dafür müssen allerdings ein paar Voraussetzungen erfüllt sein, vor allem muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) von einem Arzt vorliegen. Die AU ist die sogenannte Krankschreibung.

Im Entgeltfortzahlungsgesetz heißt es: „Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.“ (1) Spätestens am vierten Tag Ihrer Krankheit müssen Sie also eine Krankschreibung vorlegen. Der Arbeitgeber kann aber auch festlegen, dass Sie die AU früher abgeben müssen – hier hilft ein Blick in Ihren Arbeitsvertrag.

Wichtig: Im Alltag muss man zwischen „Krankschreibung“ und „Krankmeldung“ unterscheiden. Die Krankschreibung ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt, früher auch „Gelber Schein“ genannt, die Sie an Ihrem Arbeitsplatz einreichen müssen. Die Krankmeldung ist die Information über die Krankheit an Ihren Arbeitgeber – also, wenn Sie per Anruf oder Mail Bescheid geben, dass Sie krankheitsbedingt ausfallen.

Darf der Arzt mich rückwirkend krankschreiben?

Im Allgemeinen darf die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers erst ab dem Datum der entsprechenden Untersuchung festgestellt werden. In Ausnahmefällen können Ärzte ihre Patienten aber rückwirkend krankschreiben.

Rückwirkende Krankschreibungen sind für einen Zeitraum von höchstens drei Tagen möglich. In jedem Fall muss erkennbar sein, dass Sie bereits vor der Untersuchung erkrankt waren und deshalb Ihre Arbeit nicht verrichten konnten. Außerdem muss nachvollziehbar sein, warum Sie nicht bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zum Arzt gegangen sind. Offensichtlich ist dies, wenn die Praxis geschlossen hatte, beispielsweise am Wochenende.

Wenn Sie am ersten Krankheitstag zu krank sind, um zum Arzt zu gehen, rufen Sie am besten schon einmal in der Praxis an, um den Arzt über Ihre Krankheit zu informieren. Dann wird er am nächsten oder übernächsten Tag nicht anzweifeln, dass Sie bereits am Vortag krank waren. Eventuell kann der Arzt auch im Rahmen eines Hausbesuchs zu Ihnen kommen.

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Was geschieht, wenn der Arzt sich weigert, eine rückwirkende Krankschreibung auszustellen?

Weigert sich der Arzt, eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszustellen, stehen Sie ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung da, was Konsequenzen seitens Ihres Arbeitgebers haben kann. Einerseits muss Ihr Arbeitgeber Ihnen die Fehltage nicht bezahlen. Darüber hinaus können Sie verwarnt oder im schlimmsten Fall entlassen werden.

Am Wochenende krank: Rückwirkende Krankschreibung?

Viele Menschen arbeiten mittlerweile auch samstags oder sonntags. Doch was, wenn man am Wochenende krank wird? Arztpraxen sind in der Regel am Wochenende geschlossen.

Seit 2016 dürfen Ärzte bis maximal drei Tage rückwirkend krankschreiben. Es ist also möglich, montags zum Arzt zu gehen und sich rückwirkend auch für Freitag, Samstag und/ oder Sonntag krankschreiben zu lassen.

Als Alternative können Sie sich an Wochenenden und Feiertagen an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden. Diesen erreichen Sie unter der Nummer 116117. Hier kann man Ihnen die nächstgelegene Bereitschaftspraxis nennen, bei der Sie sich in der Regel auch krankschreiben lassen können.

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Kann man sich länger als drei Tage rückwirkend krankschreiben lassen?

In § 5 Absatz 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) heißt es: „Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist […] in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig.“

Prinzipiell lässt die Richtlinie also Spielraum für Ausnahmefälle, in denen auch mehr als drei Tage zurückdatiert werden kann. Wie oben erwähnt, muss für den Arzt allerdings nachvollziehbar sein, dass Sie bereits vorher erkrankt waren und erkennbar sein, warum Sie nicht eher zum Arzt gegangen sind. Daher hängt eine rückwirkende Krankschreibung immer, aber erst recht bei einem Zeitraum von mehr als drei Tagen, von der Art der Erkrankung, dem Arzt-Patient-Verhältnis sowie ganz individuellen Umständen ab.