In Ulm gibt es für Geflüchtete keine verfügbaren Plätze mehr. Foto: imago/Alexander Rochau

Der Ulmer OB Gunter Czisch veranlasst, in dieser Woche alle weiteren Geflüchteten abzuweisen – ohne rechtliche Grundlage. Dennoch drohen wohl keine Konsequenzen.

Wer als Geflüchteter in den nächsten Tagen in Ulm unterkommen möchte, wird wieder weggeschickt: Der Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) sieht seine Stadt an der Belastungsgrenze angekommen – und hat angekündigt, mindestens in dieser Woche alle weiteren ankommenden Menschen abzuweisen. „Es gibt derzeit einfach keinen einzigen freien Platz mehr in den bestehenden Unterkünften“, begründet der CDU-Politiker die Maßnahme, die bislang keine andere große Stadt im Südwesten in dieser Art ergriffen hat. Doch auch die Landeshauptstadt Stuttgart musste kürzlich aus Platzmangel erstmals Geflüchtete abweisen.

Gesetzlich sind Städte zur Aufnahme Geflüchteter verpflichtet

Die Stadt Ulm bringt derzeit etwa 2770 Geflüchtete unter. Zu den Hochzeiten der Flüchtlingsbewegung 2015/16 waren es knapp 1600. Sollten der Stadt in den nächsten Tagen trotz der angespannten Lage Geflüchtete aus den Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEAs) zugewiesen werden, würde sich Ulm mit der Abweisung der Menschen über geltendes Recht hinwegsetzen, wie eine Sprecherin auf Nachfrage einräumt: „Uns fehlt dafür die rechtliche Grundlage“, sagt sie. Doch der Stadt bleibe derzeit einfach keine andere Möglichkeit: „Es liegt nicht daran, dass wir nicht wollen, wir können nicht“, klagt die Sprecherin.

Der Fall beschäftigt auch die Landesregierung und das Regierungspräsidium Karlsruhe, das für die Zuweisung der Asylbewerber in die Stadt- und Landkreise im Südwesten zuständig ist. In Abstimmung mit dem Justizministerium teilt das RP Karlsruhe mit: „Gesetzlich sind Stadt- und Landkreise, genauso wie das Land, verpflichtet, die zugeteilten Personen aufzunehmen.“ In der Praxis gebe es aber Spielräume, um einer Stadt oder einem Landkreis bei Engpässen entgegenzukommen. „Vor diesem Hintergrund laufen die Abstimmungen mit der Stadt Ulm“, heißt es.

Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) Foto: LHS//Leif Piechowski

Städtetag: Kapazitätsgrenzen in vielen Städten im Südwesten erreicht

Bereits in der kommenden Woche sollen in Ulm weitere Unterbringungsmöglichkeiten bereitstehen, um wieder Geflüchtete aufnehmen zu können – etwa in Turnhallen, Hotelzimmern oder in einer ehemaligen Technischen Hochschule, heißt es von der Stadt. 120 Menschen sollen so in der kommenden Woche wieder Platz in Ulm finden, langfristig 240. Doch auch damit sei das Problem nicht gelöst, sagt die Sprecherin. Denn monatlich müssten – die Auszüge bereits abgezogen – 180 bis 200 Menschen in der Stadt untergebracht werden.

Der Ulmer OB Czisch fordert daher einen „kompletten Richtungswechsel der bundesdeutschen Politik im Umgang mit Geflüchteten“. Der Bund müsse die Zahl der Flüchtlinge begrenzen und die Kosten der Städte und Gemeinden „umfassend“ finanzieren. „Es wäre für den sozialen Zusammenhalt fatal, wenn im Gemeinderat darüber debattiert werden müsste, welche wichtigen kommunalen Maßnahmen zurückgestellt werden, um Migrationskosten decken zu können“, sagt der CDU-Politiker.

Die Kapazitätsgrenzen seien nicht nur in Ulm, sondern in vielen Städten im Südwesten erreicht, wie der Städtetag Baden-Württemberg auf Anfrage mitteilt. „Es müssen schon wieder Behelfseinrichtungen hergerichtet werden, damit die Menschen ein Dach über dem Kopf haben“, sagt eine Sprecherin. Der Städtetag fordert eine bessere Verteilung der Geflüchteten innerhalb Europas – damit Städte wie Ulm nicht zu Aufnahmestopps wie diesem gezwungen werden.