CDU-Politiker Manuel Hagel will eine Wende in der Flüchtlingspolitik. Foto: dpa/Marijan Murat

Die CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag fordert eine Wende in der deutschen Flüchtlingspolitik. Hintergrund sind unter anderem die Krawalle im Römerkastell.

Angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten und vor dem Hintergrund der Krawalle rund um ein Eritrea-Treffen in Stuttgart fordert die baden-württembergische CDU-Landtagsfraktion ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik. „Wir brauchen eine 180-Grad-Wende in der deutschen Migrationspolitik“, sagte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel nach Worten eines Fraktionssprechers vom Mittwoch.

Man wolle den grünen Koalitionspartner ins Boot holen, um eine entsprechende Bundesratsinitiative der Landesregierung auf den Weg zu bringen. In einem Thesenpapier formuliert die Fraktion zwölf Forderungen, die sich zum großen Teil an den dafür zuständigen Bund richten. So müsse die Ampel-Bundesregierung endlich feststellen, dass es sich bei den Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien um asylrechtlich sichere Herkunftsländer handele. Grenzkontrollen sollten je nach Situation zeitweise wieder eingeführt werden. Zuvor hatte der SWR berichtet.

Reine Geldleistungen sollen ersetzt werden

„Wir müssen stets wissen, wer ins Land kommt und sich hier aufhält“, heißt es in dem Papier. Das betreffe mit Blick auf Baden-Württemberg vor allem die EU-Außengrenze zur Schweiz. „Auch gegen innereuropäische Grenzkontrollen, wie zu Frankreich oder Österreich, dürfen wir uns nicht von vorneherein verschließen“, heißt es im Papier weiter. Einmal abgeschobene Straftäter dürfen nach Ansicht der CDU-Fraktion nicht wieder einreisen. Außerdem sei es „ein unhaltbarer Zustand“, dass eine Abschiebung „ohne Weiteres“ verhindert werden könne durch einen Asylfolgeantrag mit aufschiebender Wirkung.

Reine Geldleistungen müssten ersetzt werden, lautet eine weitere Forderung. „Um Fehlanreize für eine Migration nach Deutschland ohne Asylgrund abzubauen, ist es sinnvoll, allen ausreisepflichtigen Personen und Folgeantragstellern vorrangig Sachleistungen in Höhe des absoluten Mindestbedarfs zu gewähren. Dies könnte zum Beispiel teils mit Chipkarten gelingen, mit denen Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs gekauft werden könnten.

31 Polizisten bei Krawallen verletzt

Auch der Zuzug aus der Ukraine sollte gebremst werden, ginge es nach der CDU. Ukrainische Flüchtlinge sollten ab einem Stichtag nicht mehr direkt ins Bürgergeldsystem aufgenommen werden. „Wir müssen weitere Pull-Faktoren nach Deutschland unbedingt vermeiden“, formuliert es die Fraktion. Sie warnte die Ampel-Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen auch davor, andere Asylbewerber in den Genuss so hoher Sozialleistungen kommen zu lassen.

Rufe nach einer schärferen Abschiebungspraxis waren zuletzt nach Ausschreitungen am Rande einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart am vergangenen Samstag laut geworden. Dabei waren mindestens 31 Polizisten sowie mehrere Teilnehmer und Demonstranten verletzt worden. 228 mutmaßliche Krawallmacher waren zeitweise festgenommen worden, einer von ihnen wurde verhaftet. Sie hatten mit Gewalt gegen die Veranstaltung der Stuttgarter Eritrea-Vereine protestiert, die aus ihrer Sicht die autoritäre Regierung in dem afrikanischen Land unterstützen.

Kretschmann von Handlungsfähigkeit des Staates überzeugt

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich nach den Krawallen überzeugt von der Handlungsfähigkeit des Staates gezeigt. „Ich habe für alle Menschen, die drakonische Maßnahmen fordern, Verständnis“, sagte er am Dienstag. Aber man lebe in einem Rechtsstaat und operiere nach Recht und Gesetz. Eine Verschärfung des Aufenthaltsrechts etwa hätte keine Konsequenzen, wenn man nicht in ein Land wie Eritrea abschieben könne.

Eritrea erlaubt keine unbegleiteten Rückführungen mit Linienmaschinen. Und begleitete Rückführungen unterliefen die eritreischen Behörden dadurch, dass sie den Landsleuten keine Pass-Ersatzpapiere ausstellten, sagte Justizministerin Marion Gentges (CDU). Von den etwa 9000 Eritreern in Baden-Württemberg seien rund 200 ausreisepflichtig. Zudem sei Eritrea seit 30 Jahren eine Diktatur, in der es schwere Menschenrechtsverletzungen und Folter gebe, sagte Gentges in der Sendung „SWR Aktuell“. Deshalb bekämen viele Menschen aus dem Land in Deutschland Asyl.

Polizeigewerkschaft begrüßt Forderung

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg warf der CDU vor, die wirklichen Gründe für Flucht und Migration zu verkennen und Stimmung gegen geflüchtete Menschen zu schüren. „Die Vorschläge der CDU zeugen davon, dass sie offensichtlich immer noch dem Irrglauben aufsitzt, dass weniger geflüchtete Menschen nach Deutschland kommen, wenn die Aufnahmebedingungen nur abschreckend genug gestaltet würden“, sagte die Co-Geschäftsführerin des Vereins, Anja Bartel, der Deutschen Presse-Agentur.

Dagegen begrüßte die Deutsche Polizeigewerkschaft vor allem die Forderung nach Grenzkontrollen: „Wenn wir nicht ein System finden, dass die illegale Einreise verhindert, führt das zu einem ungewollten Rechtsruck in Deutschenland“, warnte deren Landesvorsitzender Ralf Kusterer. Selbst der dringend notwendige Schutz von Schutzsuchenden schwinde in der Bevölkerung, wenn die illegale Einreise nicht begrenzt werde. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke sicherte der CDU die Unterstützung zu, sollten entsprechende Initiativen in den Landtag eingebracht werden.