Die gesunde Brust einer Frau ist auf einer Röntgenaufnahme zu sehen. Das Röntgenbild war für einen Trailer des Mammographie-Screening-Programms, einem gesetzlichen Früherkennungsprogramms für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, aufgenommen worden. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/ZB/dpa

Frauen mit Brustkrebs stehen aufgrund ihrer schweren Erkrankung unter großem Stress. Doch ausgerechnet dieser Stress kann das Wachstum der Krebszellen und ihre Metastasierung fördern, haben Basler Forscher jetzt herausgefunden.

Basel - Dass Stress die Bildung von Metastasen bei Krebs fördert, wird schon seit langem vermutet. Wie sich Stress dabei konkret auswirkt, ist allerdings nicht bekannt. Forscher des Universitätsklinikums Basel haben diese Prozesse jetzt anhand von Brustkrebs genauer untersucht.

 

Der Biomediziner Milan Obradovic und der Onkologe Mohamed Bentires-Alj vom Department of Biomedicine (DBM) des Universitätshospitals Basel erforschten, wie Stresshormone die Wachstumsprozesse in Tumorzellen aktivieren und so die Metastasierung – das heißt die Vermehrung und Ausbreitung der Zellen maligner (bösartiger) Tumoren im Organismus – begünstigen. Ihre Studie haben sie im Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlicht.

Brustkrebs – die häufigste Krebserkrankung bei Frauen

Brustkrebs ist bei Frauen die häufigste Krebserkrankung mit Todesfolge. Mehr als 70 000 Mal im Jahr stellen Ärzte in Deutschland die Diagnose „Mammakarzinom“, rund 17 000 Frauen sterben jährlich daran. Wegen seiner Aggressivität und dem Risiko der Metastasierung ist vor allem der dreifach negative Brustkrebs – der sogenannte „Triple-negative breast cancer“ (TNBC) – gefürchtet. Er macht rund 15 Prozent aller Brustkrebsfälle aus.

Charakteristisch für diese Tumorart ist, dass Rezidive – also ein erneutes Auftreten der Krebszellen nach einer Operation und Therapie – häufiger auftreten als bei anderen Krebsarten. „Ein Fortschreiten der Krankheit in Form von Metastasen, insbesondere an inneren Organen, ist häufiger als bei anderen Tumoren“, erläutert die Gynäkologin Cornelia Kolberg-Liedtke, Chefärztin am Brustzentrum des Charité-Universitätsklinikums Berlin. Patientinnen hätten im Vergleich zu anderen Betroffenen eine eher schlechtere Prognose. Das mache die Behandlung dieser aggressiven Tumorart sehr schwierig.

Wirkung des Stresshormons Cortisol

Die Basler Forscher pflanzten für ihre Studie Mäusen Brustkrebszellen ein, um zu beobachten, wie die erkrankten Tiere auf vermehrten Stress reagieren. Säugetiere schütten bei Stress das in der Nebennierenrinde produzierte Hormon Cortisol (auch Hydrocortison genannt) aus, das die Stoffwechselvorgänge aktiviert und das Immunsystem drosselt.

Arzneien mit Cortisol-Wirkung werden auch als Cortison bezeichnet. Cortison-Präparate wie Dexamethason – einem der wichtigsten Arzneistoffe überhaupt – sind Schlüsselmedikamente in der modernen Medizin. Sie werden verwendet, um das Immunsystem zu unterdrücken sowie allergische und entzündliche Prozesse zu stoppen. Auch in der Krebstherapie werden sie häufig eingesetzt, um etwa die Nebenwirkungen der Chemotherapie zu lindern.

Die Untersuchung der Basler Forscher zeigte, dass die gestressten Mäuse mit erhöhten Cortisolwerten häufiger Metastasen bekamen als ihre Artgenossen mit weniger Stresshormon im Blut. Gleichzeitig sank ihre Überlebenschance. Die Basler Wissenschaftler stellten zudem fest, dass sich die Krebszellen heterogener – also ungleichmäßiger entwickelten, was die Behandlung erschwerte.

Stressbehandlung bei Krebspatienten

Die Ergebnisse bestätigen den Basler Wissenschaftlern zufolge die negative Wirkung von Stress auf den Verlauf von Krebserkrankungen. „Die Bedeutung von Stressmanagement kann nicht überbetont werden – insbesondere bei Patientinnen mit dreifach negativem Brustkrebs“, erklärte Mohamed Bentires-Alj. Umso wichtiger sei die Stressbehandlung bei Krebspatienten. „Moderates Bewegungstraining und Entspannungstechniken sind nachweislich mit einer verbesserten Lebensqualität und Lebenserwartung der Patientinnen verbunden.“

Die Forscher raten außerdem dazu, Kortison-Medikamente bei Brustkrebs-Patientinnen nur mit Vorsicht einzusetzen. Vor allem, wenn schon Metastasen vorhanden sind, könnte dies das Wachstum maligner Zellen verstärken und den Krebs noch aggressiver machen – und so die Wirkung der Chemotherapie zunichte machen.