Fliegt gern im Helikopter mit: der Chef des Unternehmens Heli Service Oliver Freiland. Foto: Derek Henthorn Photography

Der gebürtige Gerlinger und Unternehmer Oliver Freiland lässt seine Helikopter zu denWindkraftanlagen vor den Küsten fliegen. Für Bau und Wartung werden Techniker gebraucht.

Helikopter ziehen Oliver Freiland noch genauso an wie an seinem ersten Arbeitstag als Chef des Helikopterdienstleisters Heli Service mit Sitz im ostfriesischen Emden. Der gebürtige Gerlinger kaufte das Unternehmen im Jahr 2016, nachdem er schon lange den Wunsch hatte, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen und ein Unternehmen weiterzuentwickeln. Zuletzt war er im konventionellen Energiesektor tätig und als Berater bei Roland Berger. Der heute 46-Jährige landete mit seinem Stuttgarter Geschäftspartner in der Luftfahrt – und bereut keine Sekunde.

„Der Helikopter ist ein faszinierendes Fluggerät, das Perfektion und Akribie bis ins kleinste Detail erfordert“, sagt der Unternehmer, der in Emden und München wohnt, aber mehrmals im Jahr die Heimat besucht, wo seine Mutter lebt. Die große Herausforderung an der Luftfahrt sei, dass jedes Rad im Unternehmen einwandfrei funktionieren müsse. „Ein Luftfahrzeug darf nur dann in die Luft gehen, wenn alles einwandfrei ist – diesem unverhandelbaren Anspruch gerecht zu werden, ist hochanspruchsvoll.“ Noch dazu seien Helikopter in der Luftfahrt die Königsklasse: „Hochkomplex, höchst vielseitig, hochflexibel und enorm leistungsfähig.“ Gelegentlich fliegt Oliver Freiland selbst, „auf der kleinen Fläche und auch Helikopter – aber nur im Simulator“, berichtet er. „Unsere Piloten haben im Schnitt 5000 Flugstunden, das ist kein Hobby.“ Er, Hobbyist, habe im Cockpit somit nichts verloren.

Kerngeschäft: Versorgungsflüge zu den Offshore-Windparks

Aus dem anno 1987 gegründeten Heli Service machte Oliver Freiland ein erfolgreiches Unternehmen mit einem Jahresumsatz von rund 65 Millionen Euro, 200 Mitarbeitenden und einer Flotte von 15 Helikoptern. Das Kerngeschäft sind Versorgungsflüge zu den Offshore-Windenergieanlagen und Plattformen – den Windparks vor der Küste beziehungsweise im Meer. So fliegen die Piloten für den Bau und die Wartung Fracht, Material und Service-Monteure von großen Energiekonzernen zu den Offshore-Windparks weit draußen in der Nord- und Ostsee. Auch das Abseilen von Technikern auf die Turbine eines Windrads gehört dazu. „Ein typischer Windpark hat heute etwa 60 bis 120 Turbinen“, sagt Oliver Freiland.

Neben den eigenen Helikoptern wartet Heli Service 18 von anderen Unternehmen, Privatleuten sowie Regierungen aus Afrika, dem Nahen Osten und Europa. Ein weiterer Geschäftsbereich ist die Luftrettung mit Ärzten und Sanitätern an Bord. In England, denn hierzulande sind für solche Einsätze in erster Linie die DRF und der ADAC verantwortlich.

„Wunderbares Kraftwerk Nordsee

Heli Service versorgt einen Großteil der Windparks in der Nordsee bis nach Holland und Dänemark. „Die Nordsee ist ein wunderbares Kraftwerk. Man muss es nur noch anzapfen“, sagt Oliver Freiland. Der Wind wehe stark und stetig. Auch die Politik hat das erkannt. Die Windenergie in der Nordsee soll so weit ausgebaut werden, dass sie einen Großteil der europäischen Stromversorgung deckt. Das haben die ans Meer angrenzenden Länder beschlossen. Bis zum Jahr 2050 sollen die Windparks mindestens 300 Gigawatt Strom produzieren – genug für 300 Millionen Haushalte. Bislang betreiben die beteiligten neun Länder Windparks mit einer Kapazität von circa 30 Gigawatt. Deutschland selbst will bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Gigawatt produzieren. Oliver Freiland nennt die Ausbaupläne „nicht realistisch“.

Der 46-Jährige sagt, Deutschland habe die Windindustrie aus dem Boden gestampft und verfüge über die Technologien – „doch die Bundesregierung bremst sie aus“. Er wirft ihr Inkompetenz und Wirtschaftsferne vor. Offshore boome überall, bloß hier nicht, weshalb andere Länder Deutschland abhängen würden. Der Staat bestimme, wie viele Turbinen ins Wasser gestellt werden dürfen und gestalte die Verfahren derart langwierig, aufwendig und dadurch teuer, dass es unattraktiv werde, einen Windpark zu bauen.

Kritik an Umgang mit Ausbau der Windkraft

Trotz Gesetzesänderungen für einen schnelleren Ausbau der Windkraft stellt Oliver Freiland keine Verbesserungen fest. Man tue das Gleiche wie bisher, erwarte aber ein anderes Ergebnis. „Die Politiker sollten sich mit der operativen Realität beschäftigen“, findet der Elektrotechniker. Unter anderem müsste man die Genehmigungsverfahren genau anschauen und das Personal entsprechend aufstellen. Die Subventionen hält er für „Unfug“. Vielmehr müsse der Staat die Rahmenbedingungen so setzen, dass es wirtschaftlich sei, einen Windpark zu bauen. „Statt den Profit beim Verkauf der Flächen zu maximieren, müsste die Bundesregierung so viel wie möglich zu so einem attraktiven Preis ausschreiben, dass sich die weltweite Industrie auf Deutschland konzentriert“, sagt Oliver Freiland. Damit spare sie sich auch die Subventionen, die nicht nachhaltig seien. „Als Wirtschaftsunternehmen schaue ich doch auf Sachen, die sich selbst tragen.“

Gerade die Auslandsgeschäfte lassen Heli Service florieren. Mit dem Partnerunternehmen in den USA unterstützt es nun auch den Ausbau des Offshore-Sektors dort, als erste Heli-Firma. Von Frühjahr an fliegen Helikopter in Taiwan. Laut Freiland wurde vor zweieinhalb Jahren der erste Auslandsumsatz generiert. Das Fluggeschäft in Deutschland bringt gut die Hälfte des Umsatzes, die Auslandsgesellschaften machen 35 Prozent aus, die Wartung liefert den Rest. Noch. Oliver Freiland schätzt, dass das Deutschlandgeschäft in zwei Jahren unter 50 Prozent liegt. „Unser Hauptaugenmerk ist der Ausbau in England, Polen, den USA und Taiwan.“

Ohne eine Portion Mut geht es nicht

Der Erfolg macht das Unternehmen stolz, zumal die Konkurrenz „sehr intensiv“ sei, sagt Oliver Freiland. „Wir bemühen uns nach Kräften, arbeiten hart, und auch Mut ist nötig.“ Die Entwicklung, die er in seiner Heimat kritisiert – die Kluft zwischen dem, was gesagt und was getan werde, die hohen Arbeits- und Energiekosten, die Hürden für Fachkräfte aus dem Ausland, insgesamt die „festgefahrene, nicht funktionierende Bürokratie“ – frustriere ihn dagegen „maximal“. Man sei machtlos, dabei sei Deutschland in vielerlei Aspekten ein tolles Land. „Legt Deutschland kein fundiertes und glaubwürdiges Konzept auf, wandert die Industrie jedoch weiter ab – mit erhöhter Geschwindigkeit.“

Polarstern ist passé

Im ewigen Eis
Mehr als zehn Jahre lang stellte Heli Service dauerhaft Piloten und Techniker samt Hubschrauber für das deutsche Forschungsschiff Polarstern. Sie brachten die Wissenschaftler zu den Forschungsstationen, machten geografische Vermessungsflüge oder Flüge für Bildaufnahmen und Wildtierzählungen, beförderten Fracht und nahmen spezielle Messgeräte ins Schlepptau. Ende 2022 hat Heli Service den Auftrag an die DRF Luftrettung verloren. Die gemeinnützige Organisation habe andere finanzielle Mittel als Heli Service, sagt der Chef Oliver Freiland. Er hat vor, bei der nächsten Ausschreibung erneut mitzubieten, um den Eisbrecher, der auch ein Versorgungsschiff ist, wieder bei seinen Expeditionen im ewigen Eis zu unterstützen.