Ein Kormoran sitzt auf einem Baum, während im Hintergrund Schornsteine des Kraftwerks am Frankfurter Westhafen zu sehen sind. Ökologisch gesehen leben die Deutschen weit über ihre Verhältnisse. Foto: dpa

Die Menschheit verbraucht mehr Wälder, Wasser und Land, als die Erde regenerieren kann. Deutschland überzieht sein Ressourcen-Budget für 2019 im globalen Vergleich besonders früh.

Bonn/Stuttgart - Ökologisch gesehen leben die Deutschen auf Pump. Am 3. Mai ist „German Overshoot Day – der deutsche Erdüberlasungstag. Würden es alle Erdbewohner den Bundesbürgern gleichtun, wären bereits an diesem Freitag die für dieses Jahr nachhaltig zur Verfügung stehenden Ressourcen verbraucht und die ökologisch verkraftbaren Emissionen ausgestoßen.

Germanwatch und andere Umweltorganisationen haben auch in diesem Jahr den Deutschen Erdüberlastungstag (englisch: Overshoot Day)berechnet. Hierzulande seien insbesondere die Energieversorgung und der Verkehr durch ihren hohen CO2-Ausstoß Schuld an der schlechten Umweltbilanz. Für den Rest des Jahres leben die Deutschen von den stillen Reserven der Erde, die zunehmend schwinden.

Der Planet Erde ist erschöpft

„Earth Overshoot Day“ ist eine Kampagne der Organisation Global Footprint Network: Der 2003 von Umweltaktivisten in Oakland (US-Bundesstaat Kalifornien) gegründete „Think tank“ (Denkfabrik) will damit auf die Notwendigkeit einer ökologisch nachhaltigen, globalen Entwicklung hinweisen. Um dieses Projekt statistisch zu untermauern, berechnet die Organisation jedes Jahr den Zustand der Erde, den Ecological Footprint (ökologischen Fußabdruck).

Der ökologische Fußabdruck der Menschen müsse schrumpfen, mahnen die Aktivisten. Das gelte insbesondere für Industrieländer wie Deutschland: Die Bundesrepublik liege mit ihrem Pro-Kopf-Verbrauch und ihren Emissionen im obersten Viertel aller Länder.

Dabei liegt der deutsche Überlastungstag in diesem Jahr einen Tag später als 2018. In den drei Jahren zuvor war dieses Datum bereits Ende April erreicht. Für die Umweltschützer ist das jedoch kein Zeichen der Besserung: Verantwortlich für die Verschiebung seien lediglich geringe Schwankungen bei den CO2-Emissionen, die aber eher zufällig seien. Zuletzt war der Ausstoß wegen des milden Winters nach Berechnungen des Umweltbundesamtes leicht gesunken.

„Notwendig wäre aber ein stabiler Rückgang der Emissionen mit doppelter Geschwindigkeit“, sagte Julia Otten von Germanwatch. „Sowohl beim Klimaschutz als auch bei der Ressourcennutzung agiert die Bundesregierung, als ob es kein Morgen gäbe“, sagte Kira Heinemann aus dem Vorstand der Jugendorganisation des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sie sieht es als starkes Zeichen, dass die junge Generation bei den „Fridays for Future“-Demonstrationen für ihr „Recht auf Zukunft“ kämpfe.

Die stillen Reserven der Erde schwinden

Den weltweiten Erdüberlastungstag erwartet das Global Footprint Network für den Sommer, im vergangenen Jahr lag er am 1. August. Er ist in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter nach vorn gerückt, die Ressourcen verschwinden immer schneller. Vor allem der Lebensstil in den USA und anderen reichen Industrienationen belastet dieses Konto, ärmere Länder gleichen es noch ein wenig aus.

Benötigt werden zwei Planeten

Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigt sie bis 2030 zwei Planeten, um den Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis 2050 wären es knapp drei, prognostiziert der WWF . Zum Vergleich: 1961 benötigte die Menschheit nur zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Wie lange wird das noch gut gehen? Dass angesichts der begrenzten Ressourcen ein globales Umdenken und Umsteuern stattfinden muss, ist unbestritten. Die Frage ist, wo der Hebel zu einem ökologisch nachhaltigen Weltwirtschaftssystem ansetzen soll. 7,64 Milliarden Menschen – bis 2050 werden es mehr als zehn Milliarden sein – mit den elementaren Dingen des Lebens zu versorgen.

„Unser System frisst sich selbst auf“

Das ist eine gewaltige Herausforderung, die nur durch mehr Wachstum zu leisten ist – anders als bisher allerdings mit weniger Naturverbrauch und Raubbau. Der Wandel in Richtung mehr Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit muss gelingen.

Sollte dieser Wandel misslingen, werden sich die globalen Krisensymptome weiter verschärfen. Dann könnte die Warnung des australischen Umweltaktivisten und früheren Chefs von Greenpeace International, Paul Gilding, Wirklichkeit werden: „Mit dem Zwang zu immer mehr Wachstum und einer Überforderung des Planeten frisst sich unser System selbst auf.“