Heute verbraucht die Menschheit mehr als 1,7 mal so viel Ressourcen, wie die Erde auf natürliche Weise erneuern kann. Foto: AFP/NASA

Ab dem 1. August lebt die Menschheit auf Pump und zapft die stillen Reserven der Erde an. Der „Earth Overshoot Day“ – der Welterschöpfungstag – ist gekommen. Das Besorgniserregende: Dieser Tag kommt von Jahr zu Jahr früher.

Stuttgart - Die Menschheit lebt nicht nur auf großem Fuß, sondern auch auf Pump. „Earth Overshoot Day“ – der Welterschöpfungstag ist gekommen. Der Tag, an dem alle Ressourcen aufgebraucht sind, welche die Erde in diesem Jahr ersetzen könnte. Und dieser Tag kommt von Jahr zu Jahr früher. Überbevölkerung, Umweltzerstörung, Verschwendung der natürlichen Ressourcen, Kriege. Endlos ist Liste an Bedrohungen, die auf der Gegenwart der Menschheit lasten und ihre Zukunft bedrohen.

„Ab diesem Mittwoch (1. August) leben wir auf Pump, aber auf lange Sicht wird die Erde uns keinen Kredit mehr geben können. Brennende Wälder, schmelzende Gletscher – längst leuchten die roten Warnlampen des Planeten“, sagt der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. „Die Menschen verbrauchen immer schneller immer mehr Ressourcen und Deutschland gehört zu den größten Verschwendern.“

Der Planet Erde ist erschöpft

„Earth Overshoot Day“ ist eine Kampagne der Organisation „Global Footprint Network“: Der 2003 von Umweltaktivisten in Oakland (US-Bundesstaat Kalifornien) gegründete „Think tank“ (Denkfabrik) will damit auf die Notwendigkeit einer ökologisch nachhaltigen, globalen Entwicklung hinweisen. Um dieses Projekt statistisch zu untermauern, berechnet die Organisation den Zustand der Erde, den „Ecological Footprint“ (ökologischen Fußabdruck).

Die stillen Reserven der Erde schwinden

Nach Angaben der Naturschutzorganisation WWF („World Wide Fund For Nature“) ist der Überlastungstag des Blauen Planeten im Vergleich zum vergangenen Jahr um einen Tag nach vorne gerutscht. 2015 reichten die globalen Ressourcen bis zum 13., 2016 bis zum 3. und 2017 bis 2um 2. August.

Für den Rest des Jahres lebt die Menschheit von den stillen Reserven der Erde, die zunehmend schwinden. Und es sieht nicht danach aus, dass sich etwas zum Positiven ändert.

Überbevölkerung

„Die Erde ist voll“, warnt der renommierte US-Ökonom Jeffrey Sachs. 7,64 Milliarden Menschen leben auf dem Blauen Planeten. 7,64 Milliarden, die genug zu essen und zu trinken wollen. Die nicht nur überleben wollen, sondern nach Wohlstand und Glück streben.

Heute verbraucht die Menschheit mehr als 1,7 mal so viel Ressourcen, wie der Planet auf natürliche Weise erneuern kann. Für Industrieländer ist der Wert aber viel höher, weil sie deutlich mehr Energie und Güter verbrauchen als etwa Entwicklungsländer.

Energieverbrauch

Allein die CO2-Emissionen haben sich laut WWF seit dem Jahr 1970 mehr als verdoppelt. Sie spielen eine bedeutende Rolle beim ökologischen Fußabdruck: Beim CO2-Ausstoß wird berechnet, welche Waldfläche theoretisch nötig wäre, um das Treibhausgas aufzunehmen und wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Weil die Emissionen steigen, vergrößert das den ökologischen Fußabdruck der Menschheit. CO2 trägt bereits mehr als 60 Prozent zum ökologischen Fußabdrucks der Menschheit bei.

Weltweit werden fast 40 Milliarden Tonnen Kohlendioxid durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Gas und Kohle in die Atmosphäre geblasen. Hinzu kommen rund 6,5 Milliarden Tonnen, die durch Abholzung und Brandrodung entstehen. Trotz aller Bemühungen ist der CO2-Ausstoß seit 2000 um ein Drittel angestiegen. Grund ist vor allem die rasante Industrialisierung von Schwellenländern wie China und Indien.

Die Menschheit bräuchte zwei Planeten

Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigt sie bis 2030 zwei Planeten, um den Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis 2050 wären es knapp drei, prognostiziert der WWF . Zum Vergleich: 1961 benötigte die Menschheit nur zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Wie lange wird das noch gut gehen? Dass angesichts der begrenzten Ressourcen ein globales Umdenken und Umsteuern stattfinden muss, ist unbestritten. Die Frage ist, wo der Hebel zu einem ökologisch nachhaltigen Weltwirtschaftssystem ansetzen soll. 7,64 Milliarden Menschen – bis 2050 werden es mehr als zehn Milliarden sein – mit den elementaren Dingen des Lebens zu versorgen.

Das ist eine gewaltige Herausforderung, die nur durch mehr Wachstum zu leisten ist – anders als bisher allerdings mit weniger Naturverbrauch und Raubbau. Der Wandel in Richtung mehr Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit muss gelingen.

Sollte dieser Wandel misslingen, werden sich die globalen Krisensymptome weiter verschärfen. Dann könnte die Warnung des australischen Umweltaktivisten und früheren Chefs von Greenpeace International, Paul Gilding, Wirklichkeit werden: „Mit dem Zwang zu immer mehr Wachstum und einer Überforderung des Planeten frisst sich unser System selbst auf.“