Der Platz vor der Tübinger Stiftskirche war am Montagabend so gefüllt, dass sich die Menschen auch in den angrenzenden Gassen sammelten. Foto: /Florian Dürr

Die Correctiv-Enthüllungen über ein Geheimtreffen von Rechtsextremen haben in Tübingen viele Leute zu einem Protest gegen rechts mobilisiert. Doch es gibt Kritik an Redebeiträgen – von der SPD und Boris Palmer.

Ursprünglich sollte es am Montagabend nur eine kleine Kundgebung auf dem Tübinger Holzmarkt werden: Lediglich 50 Menschen waren für einen Protest gegen rechts vor der Stiftskirche angemeldet. Denn der Aufruf unter dem Motto „Demokratie verteidigen! Tübingen gegen rechts“ hatte die Teilnehmer erst zwei Tage im Voraus am Samstag erreicht. Am Ende füllten aber rund 1500 Menschen bei eisiger Kälte den Platz und die angrenzenden Gassen. Fridays for Future hatte den Protest initiiert – unterstützt von einem Bündnis aus Gewerkschaften und Parteien, unter ihnen Verdi und die SPD.

Boris Palmer und SPD üben Kritik an der Art und Weise des Protests

Auslöser des Protests waren die Enthüllungen des Recherche-Netzwerks Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremen mit AfD-Politikern sowie CDU-Mitgliedern, bei dem es um die Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland gegangen sein soll. „Die AfD ist offen für rechtsradikales Gedankengut, ob in Form von antidemokratischen Umsturzfantasien oder Menschenvertreibung“, hieß es in dem Aufruf der Klimaaktivisten in den sozialen Netzwerken. Am Montagabend stimmte die Menge in Tübingen immer wieder lautstark „Nazis raus“ oder „Alle zusammen gegen den Faschismus“ an.

Doch es gibt auch Kritik an der Art und Weise des Protests – von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Der 51-Jährige macht auf seiner Facebook-Seite mit Blick auf die Correctiv-Recherche zwar deutlich: „Wer Deportationen plant, ist ein Verfassungsfeind. Punkt.“ Der parteilose OB mahnt aber im selben Beitrag mit Bezug auf einige Redebeiträge: „Wer für die Demokratie eintreten will, muss für deren Prinzipien, nicht für Seenotrettung, offene Grenzen oder gegen die Ampel und den Kapitalismus kämpfen.“ Dies seien „keine Kennzeichen der Demokratie, sondern politische Meinungen“, schreibt Palmer und stimmt damit einem Facebook-Beitrag des Tübinger SPD-Kreisvorsitzenden Florian Zarnetta zu.

Protest gegen Treffen der AfD-Bundestagsfraktion in Schorndorf geplant

Dieser hat nach eigener Aussage die Kundgebung am Montagabend „leider etwas ratlos“ verlassen. Denn: „Statt den Schulterschluss unter den Demokrat:innen zu suchen, hat sich die Mehrheit der Redner:innen lieber an der CDU und der Ampel abgearbeitet“, kritisiert er. Der SPD-Politiker spricht von einem fatalen Zeichen, „dass die vier großen demokratischen Parteien dieses Landes heute genauso ausgebuht wurden wie die AfD“. Zudem sei die FDP erst spät und die CDU überhaupt nicht eingeladen worden. „Das halte ich genauso für falsch“, schreibt Zarnetta.

Stattdessen plädiert er dafür, „alte Feindbilder“ zu überwinden, die einzelnen politischen Unterschiede in den Hintergrund zu rücken, um ein breites Bündnis gegen rechts zu schmieden. Ob Zarnettas und Palmers Worte Anklang finden, könnte sich nächste Woche bei einer weiteren Kundgebung gegen rechts in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) zeigen, auf die auch in Tübingen aufmerksam gemacht wurde.

Für Mittwochabend, den 24. Januar, plane die AfD-Bundestagsfraktion ein Treffen in der Künkelinhalle. Unter dem Motto „Schorndorf solidarisch – Kein Raum der AfD!“ hat das „Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ zu einem Protest vor der Halle aufgerufen.