Seit Jahren fordern die „Stuttgarter Nachrichten“ eine Neupositionierung des Kunstgebäudes Stuttgart. Von März 2017 an will das Land nun die Möglichkeiten einer spartenübergreifenden Kunstbühne als Taktgeber des Kulturquartiers Stuttgart ausloten. „StN“-Titelautor Nikolai B. Forstbauer ordnet das Programm ein.
Staatstheater-Areal, Staatsgalerie, Haus der Geschichte und Landesbibliothek, Institut für Auslandsbeziehungen, Landesmuseum Württemberg, Kunstmuseum Stuttgart und den gern als Festivalbühne genutzten Innenstadtkinos in der Bolzstraße. Dieses Herz aber schlägt nur mit halber Kraft. Wohl nutzt der Württembergische Kunstverein Vierecksaal und Glastrakt als Bühne internationaler Gegenwartskunst, doch der zentrale Kuppelsaal (als Plenarsaal) und die umliegenden Räume (für Büros und Dienstleistungen) dienten zuletzt als Ausweichquartier für den Stuttgarter Landtag. Nun wird eilends rückgebaut.
Alles verbindet sich
Noch als Vorsitzende des Württembergischen Kunstvereins engagierte sich Petra Olschowski für das Konzept einer spartenübergreifenden Kunstbühne. Nun, als Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, realisiert Olschowski das Projekt – von März 2017 an zunächst in einem Probebetrieb.
„Das Kunstgebäude-Programm“, sagt die Staatssekretärin, „setzt sich aus Ausstellungen, Festivals, Theater-performances, Film-Screenings, Musik und Konferenzen zusammen.“ Olschowski weiter: „Kerngedanke dahinter ist, dass das Kunstgeschehen sich gewandelt hat: Sparten wie Bildende Kunst, Theater, Musik, Tanz, Performance, Film, aber auch Wissenschaft und Forschung verschmelzen immer stärker miteinander und bilden neue Synergien.“
Start im März 2017
Den Startschuss für den intensiveren Kulturquartier-Herzschlag gibt im März 2017 das Festival „New Narratives – Neue Erzählungen für einen globalen Wandel“ – eine Kooperation zuvorderst der Primär-Partner des Kunstgebäude-Konzeptes Akademie Schloss Solitude, Institut für Auslandsbeziehungen, Schauspiel Stuttgart, Theater Rampe und Württembergischer Kunstverein.
Weiter geht es Anfang Mai 2017 mit einem Gastspiel des Internationalen Trickfilm-Festival Stuttgart – gefolgt von einer Schau zum 30jährigen Bestehen des Stipendienprogrammes „Retour de Paris“. Auch auf politische Rückendeckung dürfte das nächste Vorhaben zielen: „Das Reformationsjubiläum wird von September 2017 an bis Januar 2018 sowohl aus historischer als auch zeitgenössischer Perspektive gefeiert“, heißt es in dem am Freitag vorgestellten Programm – „in einer Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg“ und einem Programm des Württembergischen Kunstvereins.
Für März 2018 ist die zweite Ausgabe des „New Narratives“-Festivals angesetzt, und an die Bauhaus-Gründung am 1. April 1919 erinnert der Württembergische Kunstverein Stuttgart im Schulterschluss mit weiteren Partnern von Mai bis September mit der Schau „2018 - 1968: Die Rationalisierung des Glücks“.
Traum vom „Hot Spot“
Staatssekretärin Olschowski gibt der spartenübergreifenden Kunstbühne gute Zukunftschancen. „Man kann sagen“, so Olschowski, „die Künste haben sich längst entgrenzt. Aber die Bedingungen, unter denen sie kuratiert und gezeigt werden, werden dem oft nicht gerecht. Wir haben mit dem Kunstgebäude in Stuttgart die Chance, dem Rechnung zu tragen und für Baden-Württemberg einen Hot Spot für aktuelle Tendenzen in Kunst und Gesellschaft zu realisieren, der auch international wahrgenommen wird.“
Was Olschowski nicht sagt: Eben diese Chance hatten Land und Stadt 2006 schon einmal. Nun soll alles besser werden. Dafür aber wird man die Betriebsform – und damit auch deren Finanzrahmen (unwiderspruchen zwischen 1,5 und 2 Millionen Euro) – definieren müssen.