Wie geht es jetzt voran für die Ampel – und für das Land? Foto: dpa/Kay Nietfeld

Rechtzeitig vor ihrer Klausur hat die Ampel mit der Kindergrundsicherung ein Konfliktthema aus dem Weg geräumt. Jetzt soll die Wirtschaft wieder in Gang gebracht werden. Einfach wird das nicht.

Der Spielführer appelliert mal wieder an dem Teamgeist. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat zum Auftakt der Kabinettsklausur in Meseberg einmal mehr zu besserer Kommunikation aller Beteiligten in der Ampelkoalition aufgerufen. Man könnte auch sagen, es geht darum, dass sich die Koalitionspartner FDP und Grüne möglichst nicht mehr öffentlich gegenseitig vors Schienbein treten sollen.

Beim Hanseaten Scholz klingt das naturgemäß etwas nüchterner. „Wir haben eine sehr erfolgreiche Leistungsbilanz im letzten und in diesem Jahr“, so der Kanzler. „Und es wäre natürlich gut, wenn alle mit ihren Kommunikationsstrategien dazu beitragen.“

Die Klausur auf Schloss Meseberg rund 50 Kilometer nördlich von Berlin soll also mal wieder ein Neustart sein in dem schwierigen Bündnis aus SPD, Grünen und FDP. Der wievielte eigentlich?

Weg frei für Wachstumschancengesetz

Gerade noch rechtzeitig vor Meseberg ist es der Ampelkoalition gelungen, einen großen Konflikt aus dem Weg zu räumen, der die Koalition an den Rand der Handlungsunfähigkeit gebracht hatte. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich am Dienstag im Streit über die Kindergrundsicherung geeinigt. Paus hatte erst zwölf Milliarden Euro zusätzlich im Jahr für das Projekt gewollt, dann sieben – jetzt werden es, auch mit Blick auf den Haushalt, im Jahr 2025, wenn es losgehen soll, 2,4 Milliarden Euro.

Lindner hat sich durchgesetzt. Vor allem aber ist jetzt der Weg frei für sein Wachstumschancengesetz, das Paus zuvor – um Druck auf den Finanzminister auszuüben – blockiert hatte. Es geht um Steuererleichterungen für die Wirtschaft in Höhe von jährlich rund sieben Milliarden Euro. Denn die hohen Energiepreise treffen die deutsche Volkswirtschaft besonders hart. Gibt es sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung auf das ganze Jahr gerechnet, wie viele Ökonomen es befürchten? Der britische Economist hat kürzlich sogar gefragt, ob Deutschland wieder der „kranke Mann Europas“ sei.

„Deutschland braucht Impulse, um Wirtschaft und Wachstum zu stärken“, heißt es in einem gemeinsamen Impulspapier von Scholz, Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und FDP-Chef Lindner. Die aktuelle Abkühlung der Konjunktur dürfe nicht dazu führen, dass langfristige Zukunftsinvestitionen von Unternehmen gehemmt würden. Habeck beschrieb die wirtschaftspolitische Lage als anspruchsvoll. „Sie ist jedenfalls nicht so, dass man sagen kann: Wirtschaft macht die Wirtschaft und die Politik hält sich raus“, betonte er. Die Angst: Dass Unternehmen zu wenig in ihre Zukunft und den Klimaschutz investieren und dass der Wohnungsbau noch weiter zurückgeht.

Abbau von Bürokratie

Ein Ansatzpunkt für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung soll auch der Abbau von Bürokratie sein. In Meseberg sollen Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen werden – auch wenn mancher spottet, solche Initiativen habe es schon oft gegeben, ohne dass sich etwas verbessert habe. Ein Ansatzpunkt soll diesmal sein, gemeinsam mit europäischen Partnern die Bürokratie in Europa zu vermindern.

Keine Einigkeit ist hingegen zu erwarten beim Thema Industriestrompreis. Habeck will eine solche Hilfe für energieintensive Industriebetriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen. Finanzminister Lindner lehnt ihn ab. Auch Kanzler Olaf Scholz hat sich skeptisch gezeigt: Er wolle weder eine Dauersubvention noch ein „schuldenfinanziertes Strohfeuer“. Die Kanzlerpartei SPD und ihre Fraktion dringen aber, an der Seite Habecks auf den Industriestrompreis. Da gibt es noch viel Gesprächsbedarf.

Am Ende der Klausur dürfte vor allem demonstrative Harmonie stehen. Beim letzen Mal Anfang März lag Schnee in Meseberg. Es verbreitete sich ein Video, wie Scholz einen Schneeball geformt hatte. Ob es zu einer Schneeballschlacht gekommen sei, wurde er gefragt. „Ich habe einen Schneeball geworfen, aber, wie sich das bei einem Bundeskanzler gehört, auf niemanden“, sagte Scholz mit verschmitztem Lächeln. Auch diesmal dürfte die Gefahr einer Schneeballschlacht eher klein sein.