Ein Ausflugsziel in Strümpfelbach macht durch Prominenz von sich reden: TV-Koch Frank Rosin werkelt in der Küche. Was ist am 11. Januar um 20.15 Uhr bei Kabel 1 zu sehen?
Als Frank Rosin im Juni mit einem Kamerateam auf den Höhen des Schurwalds aufschlug, um das im Sommer gut, in der kalten Jahreszeit aber allenfalls schleppend laufende Naturfreundehaus in Strümpfelbach zu retten, war von der aktuell prägenden Weltuntergangsstimmung in der Gastroszene noch nichts zu spüren. Die jetzt zum Jahreswechsel über Restaurants und ihre Stammgäste hereingebrochene Mehrwertsteuererhöhung lag noch in weiter Ferne, für die Speisen zum Trank galten noch die reduzierten Sätze aus der Coronazeit.
Und abgesehen von den enorm steigenden Lebensmittelpreisen und einer immer mühsamer werdenden Suche nach Personal, herrschte in der Branche noch eitel Sonnenschein. „Das ist traumhaft hier, ein absolutes Spitzenobjekt“, schwärmte Restaurantretter Rosin in einer Drehpause auf der Terrasse des Naturfreundehauses an einem Espresso nippend von einem Ausflugsziel in Toplage.
Auf die Folge mit der SSC-Gaststätte reagierte sogar die Cannstatter Kurve
Seit 2009, im TV-Gewerbe eine mehr als kleine Ewigkeit, ist der Sternekoch aus Nordrhein-Westfalen bereits als Küchenkritiker unterwegs, mittlerweile läuft die 17. Staffel der Sendereihe. Und Frank Rosin, Sohn einer Imbissbudenbetreiberin und bekennender Currywurst-Fan, weiß längst, dass zu einer guten Einschaltquote auch viel Herzschmerz und große Emotionen gehören. Im Internet finden sich reichlich Beispiele, in denen sich gestandene Gastwirte von der TV-Crew als gastronomische Dumpfbacken verunglimpft sahen oder als küchentechnische Hygiene-Ferkel über den Bildschirm flimmerten.
In der Region Stuttgart hatte just im vergangenen Jahr ein Beitrag über die Stadion-Wirtin Andrea Wittekindt und ihre SSC-Gaststätte für Aufregung gesorgt. Weil die seit immerhin zwei Jahrzehnten in der Gastronomie arbeitende Wirtin im Fernsehen als reichlich ahnungslose Quereinsteigerin porträtiert worden war, reagierten VfB-Fans sogar mit einem Spruchband in der Cannstatter Kurve auf die Rosin-Sendung – und empfahlen wenig charmant, die „NRW-Fresse mit Maultaschen zu stopfen“.
Viele Restaurants kämpfen ums nackte Überleben
Das ändert nichts an der Tatsache, dass es in vielen Gastronomiebetrieben an einem schlüssigen kulinarischen Konzept fehlt und mancher Wirt nicht nur zur Betriebsblindheit neigt, sondern auch erschreckende Schwächen bei der Kalkulation zeigt. Für Dietmar Härer, Chef des für zünftige Kost und uriges Brauerei-Ambiente stehenden Schorndorfer Kesselhauses, wird sich gerade durch die Mehrwertsteuererhöhung zeigen, dass viele Kollegen mittlerweile um die nackte Existenz kämpfen.
„Das Sterben in der Gastronomie geht weiter, das werden viele Betriebe nicht überleben“, sagt der vor seinem Engagement in der Lokalbrauerei im Ausflugslokal Seeblick am Aichstrutsee und im Catering aktive Welzheimer. Schon im Sommer hatte der stellvertretende Chef des Dehoga-Verbands Rems-Murr beklagt, dass es in etlichen Ortschaften kein einziges Lokal mehr gibt – die ohnehin als extrem umsatzschwache Durststrecke geltenden Monate Januar und Februar drohten nun weiteren Kollegen das wirtschaftliche Genick zu brechen.
Schorndorfer Restaurant gilt als Beispiel für Preisexplosion
Die Frage jedenfalls, wie der zahlenden Kundschaft eine Preiserhöhung um zwölf Prozentpunkte schmackhaft gemacht werden kann, treibt die Wirte mittlerweile mehr um als das Problem, für die Arbeit in Kellnerteam und Küchenbrigade überhaupt noch leistungswilliges Personal zu finden. Nicht alle Restaurants gehen mit den fiskalischen Rechenspielen so offenherzig um wie das Schorndorfer Lokal „Il Pescatore“, dass sich mit dem Jahreswechsel samt Beispielen aus der Speisekarte in der Berliner BZ wiederfand. „Um Mitternacht mussten Gastwirt Giovanni Curia (54) und Ehefrau Maria (48) die Preise kräftig anheben: Fünf Scampi vom Grill kosten nun 29,50, die Seezunge liegt bei 34,40 Euro“, heißt es in dem Bericht.
Die meisten Gastronomen werden ihre Preise mutmaßlich stufenweise anheben, um ihr Stammpublikum nicht völlig vor den Kopf zu stoßen. Zur Mehrwertsteuer kommt die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns schließlich ebenso dazu wie die wegen der angehobenen CO2-Abgabe erhöhten Transportkosten. Doch zurück zu Frank Rosin und seinem kulinarischen Rettungseinsatz im Naturfreundehaus Strümpfelbach: Dass sich die Pächterin Lubica Schulz und ihr Ehemann Andreas vom Sternekoch vorgeführt fühlen, ist eher nicht zu erwarten. Bei einem Gespräch im Rahmen der Dreharbeiten zeigte sich die Wirtsfamilie als durchaus offen für die Vorschläge des bekannten Fernsehkochs. „Man muss auch bereit sein, Kritik anzunehmen und sich selbst verbessern wollen“, sagte Lubica Schulz im Sommer. Die von Berufskollegen geäußerte Beschwerde, vom TV-Team aus Gründen der Dramaturgie in einem extrem schlechten Licht dargestellt worden zu sein, teilte sie ausdrücklich nicht.
Naturfreundehaus ist ein Fall für Frank Rosin
Das liegt auch daran, dass das Naturfreundehaus gastronomisch einen Sonderfall darstellt. Schließlich hat das Lokal in der Sommerzeit kein Problem mit fehlenden Gästen. Wenn die Sonne scheint, lassen bis zu 300 Besucher täglich die Kasse klingeln, an schönen Wochenenden herrscht im Biergarten quasi Vollbelegung. Die kulinarische Problemzone sind die Wintermonate, in der kalten Jahreszeit verirren sich deutlich weniger Gäste auf die Höhe über den Weinbergen.
Im ersten Winter nach der Übernahme stellten sich die Pächter deshalb die bange Frage, ob der Abschied vom Einzelhandel tatsächlich die richtige Entscheidung war. Drei Bioläden in Backnang, Endersbach und Fellbach hatte die kleine Familie mit zwei Töchtern im Teenageralter betrieben, bevor sie den Schritt ins Gastgewerbe wagte.
Rosins Restaurants – Ein Sternekoch räumt auf!
• Sendetermin: 11. Januar 2024
• Sendezeit: Donnerstag, 20.15 Uhr bei Kabel 1
• Drehort: Naturfreundehaus Strümpfelbach (Juni 2023)
• Adresse: Im Breitgarten 1, 71384 Weinstadt
Ob Frank Rosin das richtige Rezept für eine gelungene Wintersaison liefern konnte, ist bisher unklar. Die Inhalte der Sendung werden von der Münchner Produktionsfirma Redseven besser gehütet als die Zutaten für den Käsekuchen von Oma Elsbeth, eine schriftliche Anfrage für eine Vorab-Sichtung der Naturfreundehaus-Folge wurde von den Fernsehmachern nicht mal beantwortet.
Der Bruder von Juan Amador kocht mit Frank Rosin
Ausgestrahlt wird die Sendung am Donnerstag, 11. Januar (20.15 Uhr, Kabel1). Sicher ist, dass es bei Lubica und Andreas Schulz seit November eine neue Speisekarte gibt, mit Klassikern wie Maultaschen, Käsespätzle und Zwiebelrostbraten, aber auch Tagesempfehlungen. Und vermutet werden darf, dass sich das TV-Team auf einen prominenten Namen in der Naturfreundehaus-Küche stürzt. Geklopft werden die Schnitzel hoch über Strümpfelbach schließlich von Antonio Amador, dem Bruder des ebenfalls aus Weinstadt stammenden Juan Amador. Und der ist mit gleich drei Michelin-Sternen nicht nur unter Feinschmeckern ein Begriff, sondern durchs Fernsehen auch einem breiten Publikum bekannt. Erst im Dezember trat der 1968 geborene Spitzenkoch wieder mal als Gastjuror im Finale der Koch-Show The Taste auf. In der Sendung ist bekanntlich auch Frank Rosin mit von der Partie – klein ist im Zweifelsfall auch die Gastrowelt.