Auch wenn es von einzelnen Vermietern gefordert wird, kein Mieter darf zur Dokumentation der Kehrwoche gezwungen werden, so die Aussage von Experten. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Hier wird ein digitaler Beweis der Kehrwoche gefordert, dort eine dubiose Gebühr mit einer Adresse in Istanbul quittiert. Der Mieterverein in Stuttgart registriert einen dramatischen Anstieg fragwürdiger Praktiken auf dem Wohnungsmarkt.

Stuttgart - Abkassieren bei Wohnungssuchenden nimmt zu. Das ist jedenfalls die Aussage des Mieterbundes. Rolf Gaßmann, der Vorsitzende in Stuttgart und im Land sagt: „In Summe beobachten wir mehr und mehr Fälle, die in eine solche Richtung gehen.“ Angesprochen auf einen besonders brisanten Fall, der unserer Zeitung vorliegt, sagt Gaßmann: „Das sind Gangstermethoden.“ Der Eigentümerverein Haus und Grund hingegen bekräftigt, dass sich die überwiegende Mehrheit der privaten Vermieter an Recht und Gesetz hält.

In einzelnen Fällen treibt die Kreativität auf Vermieterseite bemerkenswerte Blüten. So wird in einem Mietvertrag, über den sich ein Leser unserer Zeitung beschwert hat, ein digitaler Beweis der erledigten Kehrwoche gefordert – andernfalls wird damit gedroht, einen Teil der beim Einzug bezahlten Kaution einzubehalten. An anderer Stelle wird beim Einzug in die Wohngemeinschaft vom Vermieter eine Gebühr von 200 Euro kassiert, die mit einem Stempel mit Firmenanschrift in Istanbul quittiert wird.

Stuttgart gilt bundesweit als eine der teuersten Städte

Laut Mieterverein und anderer Immobilienfachleute ist ein solches Vorgehen nicht zulässig. Das Firmensiegel im Ausland etwa habe allein den Zweck, das Einklagen, der zu unrecht bezahlten Gebühr, zu erschweren. „Da wird versucht, die Not der Wohnungssuchenden auszunutzen und kräftig Kasse zu machen“, so die Aussage von Rolf Gaßmann. Leittragende dieser Praktiken sind in vielen Fällen Menschen, die verzweifelt auf der Suche nach einer günstigen Wohnung oder einem Zimmer in einer Wohngemeinschaften sind.

Stuttgart gilt bundesweit als eine der teuersten Städte – vor wenigen Wochen wurden der renommierte F+B Mietspiegelindex veröffentlicht. Demnach liegt die Landeshauptstadt mit einer durchschnittlichen Miete von fast zehn Euro pro Quadratmeter nur noch 30 Cent hinter München auf Platz zwei der teuersten deutschen Großstädte.