Die SWSG bietet ein Modell an, bei dem ältere Menschen eine kleinere Wohnung finden können. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Wohnungstausch-Initiative der SWSG „Aus groß mach passend“ versucht, älteren Menschen den Umzug in eine kleinere Wohnung schmackhaft zu machen. Der Mieterverein Stuttgart übt Kritik: Dies sei „keine echte Wohnungstauschbörse“ – und regt ein Modell nach Berliner Vorbild an.

Stuttgart - Es ist ein kräftiger Seitenhieb: „Die SWSG freut sich, dass der Mieterbund Stuttgart jetzt eine Idee einfordert, welche die SWSG bereits seit über einem halben Jahr umsetzt“, so Peter Schwab, Pressesprecher der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG). Autsch.

Doch langsam: Worum geht es überhaupt? Rolf Gaßmann, der Vorsitzende des Mietervereins Stuttgart, hat am 16. Januar einen Brief an Bürgermeister Michael Föll geschrieben, in dem er ihn in seiner Funktion als SWSG-Aufsichtsratsvorsitzenden bittet, sich für ein Wohnungstauschmodell bei der stadteigenen SWSG einzusetzen und auch die Stuttgarter Wohnungsgenossenschaften für einen gemeinsamen Pool zu gewinnen.

Bisher scheiterte ein Umzug oft daran, dass die kleinere Wohnung teurer war als die große

Vorbild für dieses Tauschmodell ist Berlin. In der Hauptstadt können Mieter einer der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ihre jetzige Wohnung gegen eine andere vermietete Wohnung dieser sechs Wohnungsbaugesellschaften tauschen. Das Besondere dabei: Die Nettokaltmieten beider Wohnungen bleiben unverändert. Kurz gesagt ist dies der Versuch, die Bereitschaft älterer Mieter zu erhöhen, von einer ihnen zu groß gewordenen Wohnung in eine kleinere zu ziehen – und dadurch Wohnraum für Familien frei zu machen. Bisher scheiterte dies in der Regel daran, dass die kleinere Wohnung teurer war als die große. Gerade Menschen, die alte und sehr alte Mietverträge haben, finden auf dem Markt kaum mehr etwas Billigeres – und auch die Miete für die größere Wohnung wurde nach einem Mieterwechsel in der Regel angepasst, also erhöht.

„Wir sehen dieses Projekt auch für Stuttgart als die einzige Chance, die Wohnungsmarktsituation zu entspannen, ohne dass neu gebaut werden muss“, sagt Gaßmann. Auch Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) setzt auf solch eine Wohnungstauschbörse. Bereits im Juni 2018 forderte er von der SWSG einen Wohnungspool für Wohnungstausch. Daraufhin hat die SWSG denn auch „vergangenen Sommer auf ihrer Webseite ein Portal eingerichtet, über das sich tauschinteressierte Mieter melden können“, so Schwab. Die Aktion trägt den Titel „Aus groß mach passend“.

„Das kann man kein echtes Wohnungstauschmodell nennen“

Allerdings unterscheidet sie sich wesentlich von dem Wohnungstauschprogramm in Berlin: „Bei uns ist das kein 1:1-Tausch – Ziel ist es, dass eine Mietpartei ihre Wohnung tauscht“, sagt Schwab. Das heißt, dass in diesem Schritt nur ein Senior-Mieter, der mindestens 60 Jahre alt sein sollte, seine große Wohnung gegen eine kleinere eintauscht, die ihm von der SWSG vermittelt wird. Dabei nimmt er seine letzte Quadratmeter-Kaltmiete mit. „Weil die neue Wohnung kleiner ist, sinkt die Miete also auf alle Fälle“, so Schwab.

„Das kann man kein echtes Wohnungstauschmodell nennen“, lautet das Urteil von Gaßmann auf Nachfrage. „Das ist einfach nur die Möglichkeit für Senioren, sich zu verkleinern.“ Und nein, er habe bisher nichts davon gewusst: „ Auch in der Mieteröffentlichkeit ist das nicht bekannt – man muss das schon bewerben und öffentlich machen, damit es funktioniert.“

In Berlin gab es seit September 2018 neun Tauschfälle mit 18 Mietparteien

Auf der anderen Seite vermeldet die SWSG bereits Erfolge: „Die ersten Umzüge konnte die SWSG so schon in die Wege leiten“, so Schwab. Auf Nachfrage nennt er die Zahl drei. „Das hört sich zunächst wenig an, aber bei dem komplexen Verfahren, das dahinter steckt, sind wir zufrieden“. Zudem sei die größere Wohnung in einem zweiten Schritt sehr wohl für eine Familien gedacht. Er versichert auch, dass der Mietpreis dieser Wohnung nicht erhöht werde.

Gaßmann indes findet „drei bei 18 300 Wohnungen, die die SWSG im Bestand hat, sind durchaus ein bisschen wenig“. Er bevorzugt auch deswegen das Berliner Modell: „Die Erfolge in der Hauptstadt sprechen für sich“, sagt er. Tatsächlich, so sagt David Eberhart, Sprecher des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BUU), hat das Berliner Wohnungstauschportal 1993 aktive Nutzer – seitdem es im September 2018 online gegangen ist, gab es neun Tauschfälle mit 18 Mietparteien, allerdings bei einem Wohnungsbestand von insgesamt rund 300 000 Wohnungen.

Die SWSG sei bereit, über eine Kooperation mit den Wohnungsgenossenschaften zu sprechen

Der Vorsitzende des Mietervereins Stuttgart bringt seine Kritik in einem Satz auf den Punkt: „Es ist schön, wenn man schon jetzt Mietern, denen die Wohnung zu groß ist, bei der Wohnungssuche behilflich ist und dies zum selben Mietpreis ermöglicht, aber wenn man einen Mengeneffekt haben will, muss man das Projekt breiter aufstellen und die Möglichkeiten eines Portals nutzen.“

Schwab sagt, die SWSG sei bereit, über solch eine Kooperation mit den Stuttgarter Wohnungsgenossenschaften zu sprechen. Bürgermeister Michael Föll (CDU) verweist auf Anfrage auf den 22. Februar. An diesem Tag werde in der Plenumssitzung des Bündnis für Wohnen über das SWSG-interne sowie auch das Berliner Modell berichtet und diskutiert. Dabei sei auch zu klären, ob die Wohnungsgenossenschaften Interesse an einer Kooperation hätten.

Wer sich für eine kleinere Wohnung interessiert, findet auf der Webseite der SWSG (www.swsg.de) weitere Infos. Der telefonische Kundenservice ist unter 0711-9320222 rund um die Uhr erreichbar.