Referierten beim Unternehmerforum (v.l.): Ali El Obeidi (Agentur für Arbeit L.-E.), Gerd Maier (Amtsleiter Ordnungsamt), Regina Zimmermann (Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit), Hilde Cost (IHK Esslingen), Carl-Gustav Kalbfell (Bürgermeister), Roland Klenk (Oberbürgermeister), Angelika Goldak (Wirtschaftsförderung) Foto: Norbert J. Leven

Die Wirtschaft in Leinfelden-Echterdingen ist an der Ausbildung von Asylbewerbern interessiert. Zahlreiche Unternehmer haben dazu an einem Forum der Stadt teilgenommen.

Leinfelden-Echterdingen - „Flüchtlinge sind die Facharbeitskräfte von morgen.“ Diese Einschätzung vertrat die Leiterin des Arbeitgeberservices der Agentur für Arbeit auf den Fildern, Regina Zimmermann, am Donnerstag bei dem von der Stadtverwaltung organisierten Unternehmerdialog in der Echterdinger Zehntscheuer. Vor mehr als 150 Gästen referierten Experten darüber, wie die im Schnitt 25 Jahre alten Asylbewerber zu einem Ausbildungsplatz kommen – und welche Hürden dem im Weg stehen können.

Für die Wirtschaft ist es nicht einfach, aber keineswegs aussichtslos, an geeignete und motivierte Azubis heranzukommen. Das Interesse ist groß, weil in jüngster Vergangenheit vielfach Lehrstellen mangels Bewerbern zu Leerstellen wurden. Andererseits war eine erste Aktion der Industrie- und Handelskammer Esslingen im Jahr 2015 nicht so erfolgreich wie geplant. Laut der Geschäftsführerin Hilde Cost konnten 15 statt der 20 angepeilten Lehrstellen besetzt werden. „Wir haben eine Menge dazugelernt“, sagte Cost und empfahl Unternehmern, auf die Asyl-Arbeitskreise zuzugehen sowie Betriebsbesichtigungen und Praktika anzubieten. Die IHK nehme Betrieben viele Formalitäten ab. Außerdem, so Cost, gewähre sie Zuschüsse.

Sprache ist der wichtigste Schlüssel

Geldleistungen an Arbeitgeber hat auch die Agentur für Arbeit in ihrem Angebot. Aber auch speziell geschulte Flüchtlingsvermittler, sagte Ali El-Obeidi von der Agentur. Wichtigster Schlüssel aus seiner Sicht ist die Sprache: „Ohne Deutschkenntnisse ist weder private noch berufliche Integration möglich.“

Laut den neusten Zahlen und Prognosen, die der in L.-E. für Flüchtlingsthemen zuständige Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell präsentierte, wird die Zahl der im Stadtgebiet aufzunehmenden Asylbewerber 2016 von 535 auf etwa 750 steigen. In den Unterkünften sind zurzeit mehr als 400 Ehrenamtliche in der Betreuung aktiv. Syrer, Afghanen und Iraker sind die zahlenmäßig die stärksten Nationalitäten.

Quote junger Flüchtlinge ohne Ausbildung sehr hoch

Etwa 51 Prozent der Flüchtlinge stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, sagte El-Obeidi. Etwa 48 Prozent seien Ungelernte, „in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen steigt der Wert auf 80 Prozent“. Ausländerrechtliche Hürden, über die Amtsleiter Gerd Maier berichtete, stehen oft einer Arbeitsaufnahme ebenso entgegen wie ungeklärte Wohnsituationen oder die Anerkennung von Abschlüssen. Scheitern könne der Beginn einer Ausbildung auch daran, dass die Vergütung nicht reicht, um Fahrten zur Berufsschule zu finanzieren.

Oberbürgermeister Roland Klenk hob die bisherigen Integrationsaktivitäten der örtlichen Industrie- und Wirtschaftsvereinigung hervor. Er sprach von einer Aufgabe, „die nur mit einem Höchstmaß an Gemeinsamkeit mit Erfolg zu bewältigen ist“. Die Stadt werde solche Bemühungen weiterhin „aktiv fördern“.