Nicole Hoffmeister-Kraut sieht gute Chancen für die Zulieferer. Foto: Roberto Bulgrin

Die Branche im Kreis Esslingen und im Land steht unter Druck. Beim Zulieferertag in Esslingen wurden vor allem Forderungen an die Bundespolitik gestellt. Laut einer Strukturstudie könnte bis 2040 ein Drittel der Stellen im Automobilsektor wegfallen.

Neue Mobilitätsformen, Künstliche Intelligenz und andere technologische Anforderungen auf der einen Seite – teils geringere Nachfrage, gestiegene Energiekosten, Zinssteigerungen oder regulatorische Voraussetzungen auf der anderen: Unternehmen der Zuliefererindustrie müssen sich auf all das einstellen. Die ganze Branche steht deswegen unter Druck. Das zeigt sich bei einem vom Wirtschaftsministerium und der Landesagentur E-Mobil BW veranstalteten Netzwerktreffen in Esslingen.

Wobei einige Unternehmen sich besser aufgestellt sehen als andere. „Das Problem ist, wenn man die Veränderung nicht rechtzeitig erkennt, dann ist man raus, wenn die großen Aufträge kommen“, sagt Franz Loogen, Geschäftsführer von E-Mobil BW bei der Veranstaltung im Neckar-Forum. Das habe sich beim Thema E-Mobilität gezeigt. Elring-Klinger beispielsweise, der Zulieferer aus Dettingen/Erms, der auch in Neuffen ein Werk betreibt, teilt mit, das abgelaufene Quartal sei gut verlaufen, man verzeichne solide Kennzahlen. „2023 haben wir bereits zahlreiche Nominierungen erzielen können, die in den kommenden Jahren hochlaufen und das Fundament für die weitere Transformation von Elring-Klinger bilden – unter anderem auch in Neuffen, wo aktuell der Produktionsstart eines Großauftrags für Zellkontaktiersysteme für einen globalen Batteriehersteller erfolgt“, teilt die Pressestelle mit. Diese verbinden die Batteriezellen und steuern deren Leistungsabgabe. Während an der Konzernzentrale in Dettingen unter anderem das Brennstoffzellengeschäft angesiedelt ist, sind in Neuffen weitere Bereiche der E-Mobilität verortet. Im Sommer hatte Elring-Klinger mitgeteilt, dass man die dortige Batteriefabrik erweitern wolle. Zudem hat die Gruppe kürzlich eine millionenschwere Förderung von Bund und Land für ein Brennstoffzellen-Joint-Venture erhalten. Dennoch sieht man auch bei Elring-Klinger, dass die Erwartungen in der konjunktursensiblen Automobilindustrie eher gedämpft sind.

Komplexe Herausforderungen durch Gesamtsituation

Das Esslinger Unternehmen Eberspächer – Spezialist für Abgasreinigung, Klimatisierung und elektronische Steuergeräte mit Zentrale – erklärt auf Nachfrage, die Herausforderungen seien komplex. Mehrere Absatzmärkte verzeichneten Rückgänge. Andere wie Thailand oder Malaysia eröffneten Wachstumschancen, Produkte rund um den Verbrennungsmotor seien gefragt. „Die Nachfrage der Produkte rund um die E-Mobilität befinden sich in Europa in einer Wachstumsphase – wenn auch deutlich schwächer als erwartet. Gleichzeitig belasten die hohen Kosten für Energie oder Rohstoffe. Wir erwarten keine Entspannung der Gesamtsituation in den kommenden Monaten“, teilt die Pressestelle mit. Wie weitere Industriebetriebe in der Region hatte Eberspächer im Oktober und November in geringem Umfang Kurzarbeit angemeldet. Grund seien Verzögerungen in Kundenprojekten.

Ein Drittel der Stellen könnte wegfallen

Diese Probleme und Herausforderungen könnten sich auf den Wohlstand und die Beschäftigung besonders im Autoland Baden-Württemberg auswirken. Erst kürzlich hatte das Landeswirtschaftsministerium eine Strukturstudie vorgestellt, der zufolge bis 2040 ein Drittel der Stellen im Automobilsektor wegfallen könnten. Dennoch zeigt sich Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) beim Zulieferertag optimistisch und überzeugt von den Chancen der Fachkräfte und Unternehmen im Land. Das sei allerdings kein Selbstläufer, es erfordere gemeinsame Kraftanstrengungen. Die Ministerin stellte Forderungen an Bundes- und Europapolitik nach Verbesserungen in der Energiepolitik, nach bürokratischen Entlastungen sowie Fördermitteln für Unternehmen.