„Ob das wirklich noch realistisch ist, weiß ich nicht wirklich“, sagte Winfried Kretschmann zum ausgegebenen Windkraft-Ziel. (Archivbild) Foto: dpa/Anna Ross

Ist das Ziel, im Jahr 2024 100 neue Windräder im Südwesten zu bauen, noch realistisch? Winfried Kretschmann ist sich unsicher, wie der Ministerpräsident am Dienstag in Stuttgart zugab.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist sich nicht mehr sicher, ob das von ihm ausgegebene Ziel, im Jahr 2024 100 neue Windräder im Südwesten zu bauen, noch erreicht werden kann. „Ob das wirklich noch realistisch ist, weiß ich nicht wirklich“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart.

Im vergangenen Jahr sind in Baden-Württemberg erneut nur wenige neue Windenergieanlagen in Betrieb genommen worden. Wie Branchenverbände am Dienstag in Berlin unter Berufung auf vorläufige Daten der Bundesnetzagentur mitteilten, wurden in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr 15 Windräder mit einer Gesamtleistung von 59 Megawatt neu errichtet. Im Jahr zuvor hatte der Zubau den Angaben zufolge bei neun Windrädern gelegen. Die Analyse wurde im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie und des Verbandes für Energieanlagenbau VDMA Power Systems erstellt. Das Umweltministerium meldete unter Berufung auf Daten der Genehmigungsbehörden 16 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von 62 Megawatt.

Wieder nur wenige neue Windräder gebaut - Kretschmann ist unzufrieden

Mit den neuen Ausbauzahlen zeigte sich Kretschmann unzufrieden: „Natürlich kann ich nicht zufrieden sein mit dem, was jetzt an Windkraftanlagen installiert worden ist“, sagte er. Es habe sich aber eine „neue ökonomische Situation“ ergeben, auf die die Politik keinen Einfluss habe. So hätten sich einzelne Komponenten enorm verteuert. Er sehe aber wegen der Zahl der genehmigten Anlagen eine Trendwende. „Insofern bin ich doch verhalten optimistisch, dass wir in diesem Jahr einen erheblichen Sprung nach vorne machen.“ Nach Angaben des Umweltministeriums wurden im vergangenen Jahr 53 Windräder neu genehmigt.

Die SPD sprach von einem hausgemachten Stillstand. „Das zeigt auch der Vergleich zu anderen Ländern wie NRW oder Rheinland-Pfalz, die unter den gleichen Förder- und Rahmenbedingungen sowie ähnlichen Windbedingungen arbeiten“, sagte die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Gabi Rolland. Sie kritisierte eine fehlende Flächenvergabe im Landesforst, fehlende Digitalisierung der Genehmigungsverfahren und komplizierte Artenschutzvorgaben. Die FDP warf Kretschmann vor, falsche Versprechungen zu machen. „Statt erneut unseriöse Versprechen zu machen, wonach eine deutliche Trendwende im Jahr 2024 zu erwarten sei, sollte sich die Landesregierung besser um den Netzausbau kümmern“, sagte Frank Bonath, energiepolitischer Sprecher der Fraktion.

In anderen Bundesländern läuft der Ausbau besser

Bundesweit kommt der Ausbau der Windenergie dagegen deutlich besser voran. 745 neue Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 3,57 Gigawatt gingen den Angaben zufolge in ganz Deutschland im vergangenen Jahr in Betrieb - fast 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Spitzenreiter beim Ausbau der Windenergie waren erneut Bundesländer im Norden Deutschlands. In Schleswig-Holstein wurden im vergangenen Jahr 249 neue Anlagen installiert, in Niedersachsen kamen 131 neue Windräder hinzu. Baden-Württemberg liegt im Bundesvergleich beim Neubau von Windrädern auf Platz neun, zwei Prozent der neu errichteten Windräder entfielen der Auswertung zufolge auf den Südwesten.

Die Landesregierung hatte 2021 mit der Einrichtung einer Taskforce auf den schleppenden Ausbau der Windkraft reagiert. Ein Gremium aus Fachleuten und Amtsleitern sollte Vorschläge erarbeiten, um den Ausbau der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg zu beschleunigen und vor allem Planungsverfahren für Windkraftanlagen zu verkürzen.