Ein russisches Flugzeug vom Typ Tupolev 214 und ein russisches Raketen Flugabwehrsystem Buk sind in Moskau zu sehen (Archivbild). Foto: dpa/Maxim Shipenkov

Kriege an sich, aber auch ihr Verhindern sind ein ruinöses Unterfangen. Immer mehr Geld wird für das Militär ausgegeben und das weltweit. Forscher sehen dafür erkennbare Gründe.

Die weltweiten Militärausgaben haben im Jahr 2023 wieder einen neuen Höchststand erreicht. Mit für diesen beispiellosen Anstieg verantwortlich sei auch der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, heißt es im neuen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, der am Montag (22. April) veröffentlicht worden ist.

Demnach gibt kein Land so viel Geld für das Militär aus wie die USA. Deutschland hat nach Großbritannien die zweitgrößten Militärausgaben in Europa.

Militärausgaben steigen weltweit um 6,8 Prozent

Bereits zum neunten Mal in Folge hätten die Zahlen die Ausgaben des Vorjahres übertroffen, heißt es in dem Sipri-Bericht weiter. Demzufolge stiegen die Ausgaben im Jahr 2023 inflationsbereinigt um 6,8 Prozent auf 2,44 Billionen Dollar (rund 2,28 Billionen Euro) – der größte Anstieg im Jahr-zu-Jahr-Vergleich seit 2009. 2022 waren es noch 2,24 Billionen Dollar (rund 2,04 Billionen Euro) gewesen. Die größten zehn Geldgeber haben allesamt ihre Ausgaben deutlich erhöht.

Ein P1-Patrouillenflugzeug der „Japan Maritime Self-Defense Force“ nimmt 2022 an einer internationalen Flottenüberprüfung in der Sagami-Bucht vor der Präfektur Kanagawa teil. Foto: kyodo/dpa

„Alle Regionen, die wir abbilden, haben zugenommen. Das gibt uns eine Perspektive für eine Welt, die sich weniger sicher fühlt und vielleicht eher auf harte Sicherheitsmaßnahmen als auf diplomatische Mittel zurückgreift“, sagt Sipri-Forscher Lorenzo Scarazzato.

Ein Land nehme Spannungen und Instabilität wahr und strebe daher statt nach diplomatischen Mitteln lieber nach harter Sicherheit, investiere also möglicherweise mehr in Militärausgaben. „Einer der Hauptgründe ist natürlich die russische Invasion in der Ukraine. Wir haben gesehen, wie das in Europa zu einem Anstieg der Militärausgaben geführt hat“, erklärt Scarazzato.

USA und China bleiben Spitzenreiter

Die USA bleiben ungeschlagen an der Spitze der Staaten, die die meisten Ausgaben für das Militär haben. Sie alleine machten mit 916 Milliarden Dollar (knapp 859 Milliarden Euro) mehr als ein Drittel (37 Prozent) der weltweiten Militärausgaben aus – etwa das Dreifache vom zweitplatzierten China. Mit 12 Prozent der weltweiten Ausgaben gab China geschätzte 296 Milliarden Dollar für das Militär aus – sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Zusammen machten nur diese beide Staaten etwa die Hälfte der weltweiten Ausgaben 2023 aus.

Einer der größten US-Flugzeugträger, die USS Carl Vinson (CVN 70) ist auf hoher See unterwegs (Archivbild). Foto: Dusty Howell/U.S. Navy Handout/dpa

Insgesamt blieben die obersten sieben Plätzen nach Angaben des Berichts konstant. Auf Platz drei stand demnach Russland, gefolgt von Indien und Saudi-Arabien, wie auch bereits 2022. Deutschland rangierte abermals auf dem siebten Platz der Staaten mit den größten Ausgaben – kurz hinter Großbritannien.

o

Deutschland rüstet auf

Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 stehen in einer Halle von Rheinmetall im niedersächsischen Unterlüß. Foto: dpa/Philipp Schulze

„Wenn es um Deutschland geht, wird es oft kritisiert, weil es das Zwei-Prozent-Ziel der Nato noch nicht erreicht hat“, erläutert der Sipri-Forscher. „Was wir vielleicht nicht vergessen sollten, ist, dass Deutschland eine der wichtigsten Wirtschaftsmächte in Europa ist und nach dem Vereinigten Königreich die zweitgrößten Militärausgaben in Europa tätigt.“

Deutschland habe damit einen effektiven Anteil an den Ausgaben. Die Bundesregierung stellte für 2024 das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels in Aussicht. „Ich denke also, wir sehen, wie sich in Deutschland das Narrativ ändert.“

Einfluss des Ukraine-Kriegs

Der größte prozentuale Anstieg in der Gruppe der Top 10 war in der Ukraine zu verzeichnen. Ihre Militärausgaben stiegen um 51 Prozent auf 64,8 Milliarden Dollar (etwa 60,7 Milliarden Euro). Sie wechselten so von Platz 11 im Jahr 2022 auf Platz 8 im Jahr 2023. Die Militärausgaben machten mehr als die Hälfte (58 Prozent) der gesamten Staatsausgaben aus. Dieser Anteil lag somit deutlich höher als in Russland, wo die Militärausgaben im vergangenen Jahr 16 Prozent der gesamten Staatsausgaben ausmachten.

Auf diesem vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums am 19. April 2024, veröffentlichten Foto besucht der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu (2. v.re.) eine Werkshalle in der Region Omsk, wo Panzer hergestellt werden. Foto: Uncredited/Russian Defense Ministry Press Service/AP/dpa

Hinzu kamen Militärhilfen anderer Länder für die Ukraine in Höhe von mindestens 35 Milliarden Euro. Diese Hilfen und die eigenen Militärausgaben der Ukraine machten etwa 91 Prozent der russischen Militärausgaben aus. In Russland stiegen die Militärausgaben um 24 Prozent auf geschätzte 109 Milliarden Dollar (etwa 102 Milliarden Euro) im Jahr 2023.

Der jährlich erscheinende Sipri-Bericht zu den Militärausgaben in aller Welt gilt als weltweit umfassendste Datensammlung dieser Art. Die Friedensforscher zählen auch Aufwände für Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung zu den Ausgaben.

Info: Was Verteidigung im Frieden kostet

Teure Sichrheit
Die Welt sei in ein „höchst unbeständiges Sicherheitsumfeld“ eingetreten, das anhalten werde, heißt es im Jahresbericht zum militärischen Gleichgewicht („The Military Balance 2024“) britischen Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS). In der Folge könnten die weltweiten Militärausgaben in diesem Jahr auf einen Rekordwert steigen.

Nato
Insgesamt betrugen die Militärausgaben der Nato im Jahr 2022 rund 1,175 Billionen Dollar (1,09 Billionen Euro). Davon entfielen gut 822 Milliarden Dollar (762 Milliarden Euro) auf die USA und 353 Milliarden Dollar (327 Milliarden Euro) auf die übrigen 29 NATO-Staaten entfallen.

USA 

Der Verteidigungsetat der USA beträgt 2024 insgesamt 886 Milliarden Dollar (knapp 825 Milliarden Euro). Deutschland gibt 2024 rund 71 Milliarden Euro für Verteidigung aus.

Russland/China
Russland und China investieren den Experten zufolge mittlerweile mehr als 30 Prozent ihrer Staatsausgaben in die Verteidigung, während der Westen die Produktion von Raketen und Munition nur langsam erhöht.

Kriegskosten
Was kriegerische Konflikte generell kosten, haben Forscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel und der Universität Tübingen ermittelt. Dafür haben sie die Daten von mehr als 150 Kriege seit 1870 ausgewertet.

Betroffenes Land
Am meisten zu leiden hat der Analyse zufolge das Land, in dem ein Waffengang ausgetragen wird. So würden enorme Sachwerte (der sogenannte volkswirtschaftliche Kapitalstock) zerstört, die Wirtschaftsleistung breche um durchschnittlich 30 Prozent ein, die Inflation steige um rund 15 Prozentpunkte über fünf Jahre.

Nachbarländer
Auch die Nachbar- sowie Drittländer zahlen laut „Kiel Policy Brief“ „The Price of War“ aufgrund höherer Inflation und niedrigeren Wachstums einen hohen Preis. Demnach fällt das Bruttoinlandprodukt (BIP: die gesamtwirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft) nach fünf Jahren durchschnittlich um zehn Prozent, während die Inflation um fünf Prozentpunkte steigt.

Entferntere Länder
Für weiter entfernte Länder könnten die Effekte allerdings positiv sein: „Es gibt auch in der Weltwirtschaft Gewinner und Verlierer von Kriegen“. heißt es in der Analyse.

Zwischenstaatliche Kriege
„Die Berechnungen beruhen auf den Kosten ‚typischer‘ zwischenstaatlicher Kriege in der Vergangenheit. Je nach Dauer und Intensität des Krieges sind weniger oder mehr schwerwiegende Szenarien denkbar“, erklärt Jonathan Federle vom IfW Kiel. „Die von uns berechneten Übertragungseffekte auf andere Länder berücksichtigen vor allem die durch geografische Nähe bedingten Handelsverflechtungen und die Größe der jeweiligen Volkswirtschaft, in der ein Krieg ausbricht.”