Die noch junge Große Koalition hat in Sachen Vorratsdatenspeicherung einen fulminanten Fehlstart hingelegt. Foto: dpa-Zentralbild

Bundesjustizminister Heiko Maas könnte sein Abwarten in Sachen Vorratsdatenspeicherung teuer zu stehen kommen.

Bundesjustizminister Heiko Maas könnte sein Abwarten in Sachen Vorratsdatenspeicherung teuer zu stehen kommen.

Brüssel/Berlin - Genau 20 Tage ist Heiko Maas an diesem Dienstag als Bundesjustizminister im Amt. In dieser Zeit hat sich Deutschlands Strafe wegen Nichtumsetzung einer EU-Richtlinie um gut sechs Millionen Euro erhöht. Verhängt von der Europäischen Kommission. Denn die noch junge Große Koalition hat in Sachen Vorratsdatenspeicherung einen fulminanten Fehlstart hingelegt. Zwar vereinbarten Christ- und Sozialdemokraten im Koalitionsvertrag noch, alle Telekommunikationsdaten für mindestens drei Monate speichern zu lassen und einen Zugriff bei „schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren von Leib und Leben“ zu erlauben. Doch schon am Wochenende wollte Maas davon nichts mehr wissen. Zumindest vorerst.

Bevor der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) nicht sein wegweisendes Urteil Ende April gesprochen hat, wird die Bundesregierung nicht reagieren, kündigte Maas an. Bundesinnenminister Thomas de Maizière schäumte: „Der Koalitionsvertrag gilt für alle“, ermahnte er seinen Kabinettskollegen. Sollte das Bußgeld irgendwann fällig werden, muss Maas die Summe aus dem Etat seines Hauses begleichen. Damit hat der SPD-Politiker das Durcheinander um das seit Jahren umstrittene Projekt noch vergrößert.

Auch auf europäischer Ebene herrscht Chaos. Einerseits muss die Kommission gegen Deutschland vorgehen, weil es nach der Zurückweisung der ersten Gesetzesfassung durch das Bundesverfassungsgericht 2010 keine EU-konforme Neuvorlage gegeben hat. Andererseits bereitet die Kommission selbst schon seit April 2013 einen Umbau der Vorschriften vor: Statt wie bisher sechs bis zu höchstens 24 Monate könnten die erfassten Daten dann auch nur drei Monate vorgehalten werden, hatte Innen-Kommissarin Cecilia Malmström damals angeregt. Mobilfunk-Informationen sollen überhaupt nicht mehr erfasst werden, weil sie sich zu Bewegungsprofilen zusammensetzen ließen.

Die Große Koalition will ihre Unstimmigkeiten zur Vorratsdatenspeicherung bei der geplanten Klausur des Kabinetts Ende Januar klären. Das Thema komme bei dem Treffen am 22. und 23. Januar in Meseberg auf die Tagesordnung, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

Ein Gutachten hatte im Dezember ergeben, dass die bisherige Regelung gegen europäisches Recht verstößt. Dadurch sei eine „besondere Situation“ entstanden. Die Koalition werde sich das Thema nun gemeinsam ansehen. Die Klausur sei der ideale Zeitpunkt dafür. Ziel sei, eine Regelung zur Vorratsdatenspeicherung zu vereinbaren und Strafzahlungen zu vermeiden.

Der Sprecher des Innenministeriums kündigte an, de Maizière werde diese Woche auch direkt mit Justizminister Maas über das Thema reden. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen werde noch im Laufe des Monats fallen. Eine abschließende Entscheidung des EuGH wird bis dahin wohl noch nicht vorliegen. In Deutschland gibt es derzeit keine gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung. Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutsche Regel 2010 gekippt. Die schwarz-gelbe Regierung konnte sich danach auf keine Neufassung einigen.