Der frühere Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag aus. Foto: Marijan Murat/dpa/Marijan Murat

Im Untersuchungsausschuss sagt der frühere Innenminister Reinhold Gall (SPD) aus. Er kommt zu einer anderen Einschätzung als sein Nachfolger Thomas Strobl (CDU).

Der frühere baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) hält die Neuordnung der Polizeispitze seines Nachfolgers Thomas Strobl (CDU) für falsch. Er hätte als Konsequenz aus den Vorgängen die Position des Inspekteurs der Polizei nicht abgeschafft, sagte Gall am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Polizei-Affäre. Er sei der Meinung, „dass das Fehlverhalten einer einzelnen Person nicht zu einer so weitreichenden Entscheidung hätte führen müssen“, sagte Gall, der als Zeuge gehört wurde.

Innenminister Strobl hatte im Juli angekündigt, als Konsequenz aus dem Skandal rund um den amtierenden Inspekteur der Polizei das Amt abzuschaffen. Die Aufgaben des bislang höchsten uniformierten Polizisten des Landes sollen auf ein Führungsteam übertragen werden.

Der bisherige Inspekteur Andreas Renner hatte sich wegen Vorwürfen sexueller Nötigung vor dem Landgericht Stuttgart verantworten müssen. Ihm war vorgeworfen worden, eine 16 Jahre jüngere Kommissarin zu sexuellen Gefälligkeiten gedrängt zu haben. Er war freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein.

Der Fall hat den Untersuchungsausschuss ins Rollen gebracht, der sich mit sexueller Belästigung in der Landesverwaltung insgesamt, aber auch mit der Besetzungs- und Beförderungspraxis bei der Polizei befasst. Dabei geht es auch um die Frage, wie Andreas Renner in sein Amt gekommen ist. Er war 2020 mit damals 47 Jahren jüngster Inspekteur in der Geschichte der Polizei Baden-Württembergs geworden. Davor war er für einige Monate LKA-Vizechef. Gegen diese Besetzung hatte sich der damalige LKA-Präsident Ralf Michelfelder zur Wehr gesetzt, weil Renner seiner Meinung nach notwendige Qualifikationen fehlten. Gall betonte, in seinen Augen müsse der Inspekteur jemand sein, der auf jahrzehntelange Berufserfahrung in vielen Bereichen zurückblicken könne. Der Inspekteur müsse strategisch denken, steuern und Entwicklungen voraussehen.

Gall hatte 2014 nach seiner Polizeireform selbst Ärger mit Besetzungen. Damals wurden Landespolizeidirektionen und Polizeidirektionen verschmolzen. Nach einer Klage durften 23 Führungspositionen nicht besetzt werden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe bezeichnete das Auswahlverfahren als rechtswidrig, weil Anlassbeurteilungen fehlten. Daraufhin gab es eine offizielle Ausschreibung.