Der Bau aus dem Jahr 1996 vom Büro Lederer, Ragnarsdòttir, Oei Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Zukunft der ehemaligen EnBW-Zentrale in der Stuttgarter Innenstadt scheint nun endgültig klar. Während anstelle des abgerissenen Altbaus hin zur Kriegsbergstraße ein neues Hotel gebaut wird, werden Landesbeamte bereits im schwarzen Klinker-Gebäude dahinter einziehen.

Stuttgart - Der Münchner Immobilieninvestor Reiß und Co. hat einen Teil der ehemaligen Konzernzentrale der EnBW an das Land Baden-Württemberg verkauft. Es handelt sich um den sogenannten Ledererbau – also um den Gebäudeteil aus schwarzen Klinkersteinen hin zur Jägerstraße. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Sicher ist jedoch: allein die Kosten für die Sanierung des Gebäudes werden sich auf rund zehn Millionen Euro belaufen.

„Mit dem Land Baden-Württemberg als neuem Eigentümer konnten wir den Ledererbau mit seiner stadtbildprägenden Architektur erhalten. Wir freuen uns, hier gemeinsam mit dem Land eine gute Lösung gefunden zu haben“, sagt Jürgen Klein, der Niederlassungsleiter von Reiß und Co. in Stuttgart. Der verkaufte Teil der früheren EnBW-Zentrale stammt aus dem Jahr 1996 und wurden vom Büro Lederer, Ragnarsdòttir, Oei gebaut, welches nun sowohl für die Sanierung sowie den Neubau hin zur Kriegsbergstraße verantwortlich sein wird.

Das Land wird das Bürogebäude später selbst nutzen. Im Lauf des Jahres 2019 sollen Landesmitarbeiter ihre Arbeit in dem dann sanierten Gebäude aufnehmen. Dabei handelt es sich unter anderem um die Mitarbeiter des Amtes für Vermögen und Bau, welches aktuell an der Rotebühlstraße im Stuttgarter Westen seinen Sitz hat.

Investitionsvolumen liegt bei rund 150 Millionen Euro

Das gesamte Investitionsvolumen für das Projekt „Ehemalige EnBW-Zentrale“ liegt nach Angaben des Münchner Immobilieninvestors bei rund 150 Millionen Euro. Allein zehn Millionen entfallen auf die Sanierung des Ledererbaus mit seinen etwa 220 Doppelbüros. „Die räumliche Struktur der Immobilie wird nicht verändert. Die bisherige Aufteilung bleibt weitgehend erhalten“, berichtet Jürgen Klein. Im Erdgeschoss des Ledererbaus soll von Herbst 2019 bis Ende 2022 die Innenstadtmensa der Universität Stuttgart vorübergehend untergebracht werden, da deren Gebäude saniert wird.

Der ältere Teil des EnBW-Ensembles hin zur Kriegsbergstraße, das Glasgebäude aus den 1970er Jahren der Architekten Kammerer und Belz, wird unterdessen abgerissen. Die Abbrucharbeiten haben begonnen. Hier wird ein neues Hotel der Marke „Motel One“ mit 410 Zimmern entstehen. Auch dieser Gebäudeteil steht zum Verkauf. Nach Informationen unserer Zeitung sind die Verhandlungen jedoch noch nicht abgeschlossen. Der Baubeginn für den Hotelneubau ist für das dritte Quartal dieses Jahres geplant. Der Investor rechnet mit rund zwei Jahren Bauzeit.

Die Zukunft des Ensembles der alten EnBW-Zentrale war in der Stadt ein heiß diskutiertes Thema. Lang und erbittert wurde um die Gebäude zwischen Kriegsberg-, Goethe-, Jäger- und Ossietzkystraße gestritten. Als die Nachricht von einem möglichen Abriss der Immobilie die Runde machte, entspann sich eine Grundsatzdebatte über den Erhalt architektonisch bedeutsamer Gebäude in der Landeshauptstadt. Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) hatte sich mit Unterstützung aus Architektenkreisen und Teilen der lokalen Politik gegen den Abriss ausgesprochen. Dabei wurde allerdings kaum erwähnt, dass dem Erwerber bereits seit Februar 2016 die Zustimmung der Stadt für den Abriss vorgelegen hatte. Die Auseinandersetzung war besonders brisant, da es am Ende um die erlaubte Ausnutzung des Grundstücks und somit um die Wirtschaftlichkeit des gesamten Bauprojekts ging. Die Firma Reiß und Co., welche in Stuttgart unter anderem für den Wohnkomplex Pariser Höfe im Europaviertel verantwortlich zeichnet, hatte das Gebäude im Oktober 2015 direkt von der EnBW erworben.