Der Glasbau – der vordere Teil der ehemaligen ENBW-Zentrale – wird bald abgerissen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Stuttgarter Büro Lederer, Ragnarsdóttir und Oei hat den Auftrag für den Neubau erhalten. Der Abriss des alten Gebäudeteils soll in Kürze beginnen und der Baustart für das Hotel steht auch schon fest.

Stuttgart - Die Zukunft der ehemaligen EnBW-Zentrale nahe dem Hauptbahnhof ist endgültig entschieden. Der Münchner Investor und Gebäudeeigentümer, die Firma Reiß und Co. Real Estate, wird an der Ecke Kriegsberg- und Goethestraße ein neues Hotel mit 400 Betten errichten. Der hintere Teil der ehemaligen Konzernzentrale, der schwarze Klinkerbau hin zur Jägerstraße, bleibt erhalten. Dieser Teil des Gebäudes aus dem Jahr 1996 stammt vom renommierten Büro Lederer, Ragnarsdóttir und Oei, welches nun auch den Auftrag für den Neubau erhalten hat. Abgerissen wird lediglich der gläserne Altbau der Architekten Kammerer und Belz aus dem Jahr 1975.

Lang und erbittert wurde um die Zukunft des Ensembles zwischen Kriegsberg-, Goethe-, Jäger- und Ossietzkystraße, der ehemaligen Zentrale der EnBW (Energie Baden-Württemberg), gestritten. Als die Nachricht von einem möglichen Abriss der Immobilie die Runde machte, entspann sich eine Grundsatzdebatte über den Erhalt architektonisch bedeutsamer Gebäude in der Stadt. Stuttgarts Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) sprach sich mit Unterstützung aus Architektenkreisen und Teilen der Politik gegen den Abriss aus. Dabei wurde allerdings kaum erwähnt, dass dem Eigentümer bereits seit Februar 2016 die Zustimmung der Stadt für den Abriss vorlag. Die Auseinandersetzung war besonders brisant, da es am Ende um die erlaubte Ausnutzung des Grundstücks und somit um die Wirtschaftlichkeit des gesamten Bauprojekts ging.

50 Millionen Euro Baukosten Mitte der 1990er Jahre

Heute scheint es, als habe es den Streit zwischen Politik und Investor nie gegeben. Man habe mit allen Beteiligten konstruktiv zusammengearbeitet, betont Jürgen Klein, der Stuttgarter Niederlassungsleiter von Reiß und Co.. Zur Auswahl des Architektenbüros sagt Klein: Die Vorschläge von Lederer, Ragnarsdóttir und Oei für den Hotelneubau hätten den eigenen Vorstellungen am besten entsprochen. Und weiter: „Dadurch wird es möglich, eine durchgängige Architektur auf dem gesamten Areal zu realisieren“, so Klein weiter. Zwischen 130 und 150 Millionen Euro will der Immobilienentwickler in das gesamte Projekt investieren.

Architekt Arno Lederer erklärt zudem: „Es ist für uns eine spannende und kreative Herausforderung, den Neubau für diesen Hotelkomplex an der Kriegsbergstraße zu realisieren und unser 1996 entworfenes Gebäude architektonisch mit einem Hotelneubau zu verbinden.“ Rund 50 Millionen Euro hatte der Neubau im Auftrag des Energieversorgers Mitte der 1990er Jahre gekostet. Das Gebäude zeugt besonders im Inneren von Status und Selbstverständnis des Unternehmens zur damaligen Zeit. Nur edelstes Material wurde verwendet – Granitstufen und Designerlampen finden sich selbst in den Nottreppenhäusern im Untergeschoss.

Großer Büromieter oder kleine Appartements

Im Gegensatz zum neuen Hotel scheint die künftige Nutzung des Klinkerbaus noch nicht anschließend geklärt. Die 12 500 Quadratmeter seien für einen großen Büromieter geeignet, könnten jedoch auch in Ein- und Zweizimmerapartments umgewandelt werden. Der Investor favorisiert allerdings die Nutzung als Büros: „So könnten die Eingriffe in das Bestandsgebäude so gering wie möglich gehalten werden“, erklärt Jürgen Klein.

Baubürgermeister Pätzold wertet die aktuelle Lösung als Erfolg: „Wir freuen uns, dass Lederer, Ragnarsdóttir und Oei den Zuschlag für den Neubau erhalten haben. Das ist die Basis für eine ganzheitliche, nachvollziehbare Architektur des gesamten Areals.“ Zudem sei es wichtig gewesen, den stadtbildprägenden Gebäudeteil zu erhalten.

Reiß und Co. rechnen momentan damit, dass die Abrissarbeiten bereits im September beginnen können. „Es werden derzeit letzte Details mit der Verwaltung abgesprochen“, so Klein. In Sachen Höhe und Masse wird sich das neue Hotel an der aktuellen Bebauung, also am Volumen des Glasbaus an der Kriegsbergstraße, orientieren. Zudem berichtet der Investor, dass aktuell Verhandlungen mit Mietern, sowohl für das Hotel als auch für die Büroflächen, geführt werden – Namen werden jedoch noch nicht genannt. Der Neubau soll Ende 2019 fertiggestellt, die Sanierung des Altbaus bereits ein Jahr früher abgeschlossen werden.