Ralf Maus liebt es besonders, wenn er Kaputtes für Kinder wieder ganz machen kann. Foto: privat

Die Macher des Repaircafés in Korntal-Münchingen werden mit Aufträgen geradezu überschüttet. Zwei Helfer der ersten Stunde erzählen.

Damals, in seiner ersten Wohnung, da fehlte die Küche. Kein Problem für Ralf Maus. „Ich habe mir eine Kreissäge und Holzplatten gekauft und eine Küche gebaut“, erzählt der 74-Jährige aus dem Stadtteil Korntal. Schon als Kind habe er gern mit Holz gearbeitet, später immer wieder Möbel hergestellt, Kaputtes repariert. „Mein Großvater hatte eine Tischlerfabrik, da bin ich wohl erblich belastet“, meint Ralf Maus und lacht.

Logisch, dass er keine Sekunde zögerte, als die Leiterin der Volkshochschule, Cornelie Class-Hähnel, ihn fragte, ob er sich im Repaircafé engagieren wolle, das gerade im Aufbau war. Er zeichnete auch das Logo. „Man sollte nicht gleich alles wegwerfen“, findet Ralf Maus, der neben seiner Leidenschaft die Nachhaltigkeit im Blick hat. „Bei vielen Dingen sind bloß Kleinigkeiten kaputt oder fehlerhaft.“ Ein Kontakt ist abgebrochen, ein Gummiriemen verschlissen.

Häufig ist Spezialwerkzeug nötig

Dieses Jahr feiert das Repaircafé – es findet jeden dritten Mittwoch im Monat im Bürgertreff in Korntal statt – seinen fünften Geburtstag. Mittlerweile besteht das Team aus 25 Männern und Frauen von 19 bis 80 Jahren, mit verschiedenen Erfahrungen und Kenntnissen. Mehr als 1400 defekte Alltagsgegenstände zählen die Ehrenamtlichen seit Februar 2018 – und berichten von einer Erfolgsquote von mehr als 60 Prozent. „Im Juni waren es sogar 75 Prozent“, sagt Maus. Meistens bringen sie Elektrogeräte wieder ans Netz.

„Das Hauptproblem ist, dass wir viele Geräte schwer aufkriegen“, erzählt Helmut Weiser, auch ein Helfer der ersten Stunde. Dafür gebe es zum Glück Spezialwerkzeug und Spezialschrauben. „Vieles haben wir uns gemeinschaftlich besorgt“, sagt der Ingenieur für Informatik. Ist der Blick ins Innenleben dann erst mal möglich, würden sich mit Geschick und Fachkenntnis viele Geräte reparieren lassen. „Ich habe Spaß daran zu überlegen, was defekt ist und wie ich das Gerät wieder zum Laufen bringe“, sagt der 79-jährige Weiser. Das seien oft regelrecht Denkaufgaben. Die Helfer unterziehen die Geräte auch Sicherheitsprüfungen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Repariert Helmut Weiser nicht gerade im Bürgertreff, hilft er seiner Familie, Freunden, Nachbarn. Als Kind habe er schon Waschmaschinen wieder fit gemacht. „Das ging damals recht einfach“, sagt Weiser, der zehn Jahre lang den Bürgerbus in der Stadt fuhr. Im Repaircafé setzen die Ehrenamtlichen auf das Prinzip der Selbstbeteiligung, wie Helmut Weiser es formuliert: Die Besitzer packen mit an, lernen von den Experten, damit sie im Idealfall künftig selbst ran können, weil sie wissen, wie es geht. Es ist Hilfe zur Selbsthilfe. Die während der Pandemie stark eingeschränkt wurde, weil die Besucher ihre Gegenstände lediglich abgeben durften.

Ralf Maus freut sich vor allem über ganz junge Besitzer. „Was mir auch besonders Freude macht, ist, wenn Kinder mitkommen, für die man ein Spielzeug oder ein Modell reparieren kann“, sagt der Maschinenbauingenieur. „Wenn das klappt, tut es einem selber gut.“ Überhaupt sei es ein tolles Gefühl, geholfen zu haben. Die Bevölkerung nimmt laut Maus das Repaircafé sehr gut an. Manchmal seien es fast zu viele Aufträge an einem Nachmittag. 35 bis 40 kaputte Gegenstände seien nicht unüblich.

Menschen in Not werden auch bedacht

Das Repaircafé in Korntal-Münchingen ist eine Initiative der Volkshochschule. Die Ehrenamtlichen bieten Kurse in der VHS an, auch für Kinder und Jugendliche. Auch dem Nachwuchs wollen sie vermitteln, wie sich Müll vermeiden und die Umwelt, Ressourcen schonen lassen, indem man Dinge repariert, lötet, flickt, klebt. Außerdem verwenden die Macher des Repaircafés die Spenden auch dafür, Menschen in Not zu unterstützen: die Hochwasserbetroffenen im Ahrtal, die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien. Insgesamt wurden 2400 Euro an Spenden an Katastrophengebiete weitergegeben, sagt die VHS-Chefin Cornelie Class-Hähnel. „Das Budget ist derzeit daher ziemlich aufgebraucht, deshalb haben wir ein nächstes Projekt noch nicht geplant.“

Das Repaircafé erhält laut Class-Hähnel „sehr, sehr viele Anfragen“, zeitweise waren es fast 50. Die Ehrenamtlichen haben Konsequenzen gezogen. „Tatsächlich wurde der zeitliche Aufwand, vor allem in den Monaten Mai bis Juli, zu groß, sodass sich das Aufräumen zu lange in den Abend hineinschob“, so Class-Hähnel. Nun nimmt das Repaircafé weniger Aufträge an und verschiebt weitere auf den nächsten Termin.

Filmpremiere am 20. September

Mit ihrem Angebot, mit dem die VHS irgendwann auch in den Stadtteilen Münchingen und Kallenberg präsent sein will, ist sie in bester Gesellschaft: Dem Netzwerk Reparatur-Initiativen zufolge gibt es bundesweit mehr als 1500 aktive Initiativen, weitere befänden sich in der Gründungsphase.

Treff Das nächste Repaircafé ist am 20. September von 16 bis 19 Uhr. Eine Anmeldung ist erbeten: mail@repaircafe-km.org. Um 15 Uhr ist erstmals der Film der Rathausmitarbeiterin Eva Tilgner über das Repaircafé öffentlich zu sehen, ein Geschenk zum fünften Geburtstag.