Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) will in der Rentenpolitik punkten Foto: dpa

Im Rentenstreit der großen Koalition geht es um mehr als Nick­lig­keiten. Der Rentenkonsens der vergangenen Jahrzehnte ist gefährdet, meint Politikredakteur Roland Pichler.

Berlin - Erneut gibt die große Koalition auf einem wichtigen Politikfeld ein unrühmliches Bild ab. In der Rentenpolitik herrscht ziemliches Durcheinander – dies lässt sich zum einen daran festmachen, dass das geplante Rentenpaket mit Mütterrente, verbesserter Erwerbsminderungsrente und Rentengarantie bis 2025 auf sich warten lässt. Grund dafür ist das gegenseitige Misstrauen. Die Union will verhindern, dass Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei der anstehenden Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags zu kleine Brötchen backt. Deshalb soll die Entlastung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern mit dem Rentenpaket verknüpft werden. Dieser Streit fällt in die Kategorie Nickligkeiten. Dass sich Union und SPD sogar schwertun, positive Nachrichten wie Beitragssenkungen zu verkünden, lässt tief blicken.

Scholz’ Versprechen ist nicht finanzierbar

Gravierender ist der Konflikt über die Rentenpolitik der nächsten Jahrzehnte. SPD-Vizekanzler Olaf Scholz will das heutige Rentenniveau bis 2040 garantieren und ist dafür bereit, Geld aus dem Haushalt zu mobilisieren. Das hört sich gut an. Doch Scholz’ Versprechen ist nicht finanzierbar. Dass der Finanzminister argumentiert, der Bundeshaushalt werde im Jahr 2030 groß genug sein, um jährlich zweistellige Milliardenbeträge für die Rentengarantie zu verkraften, ist putzig. Mit diesem Hinweis könnte jeder Minister, der mehr Mittel aus dem Etat beansprucht, vorstellig werden. Scholz verschweigt, dass sich die Rentengarantie ohne drastische Steuererhöhung nicht umsetzen lässt. Die SPD kündigt damit den Konsens in der Rentenpolitik auf. Bisher bestand Einigkeit, dass das Versorgungsniveau künftiger Ruheständler nur mithilfe der privaten und betrieblichen Vorsorge gesichert werden kann. Gerade bei der Rente zogen die Volksparteien an einem Strang. Damit ist es vorerst vorbei.

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