Der Autokorso der Fahrverbotsgegner fährt auf das Neckartor zu. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Mit einem Korso aus mehr als hundert Dieselautos haben Aktivisten in Stuttgart gegen Fahrverbote demonstriert. Sie beklagen die „Enteignung von Dieselfahrern“.

Stuttgart - Die Autokennzeichen zeigen, dass das Dieselfahrverbot kein reines Stuttgarter Thema ist. Kennzeichen aus Stuttgart und Umgebung sind am Samstag beim Autokorso vom Kochenhof bis zum Neckartor zu sehen, aber auch Kennungen unter anderem aus Berlin, Pinneberg, Stade, Bad Kreuznach, aus dem Main-Tauber-Kreis und aus Reutlingen. Ein alter Diesel führt gar ein Kennzeichen aus Nizza. Unter den Korsoteilnehmern sind etliche VW-Busse, liebevoll Bullis genannt. So auch das Motto der Demo: Bullis gegen Dieselfahrverbote.

Mehr als 100 Fahrzeuge nehmen an dem Korso, der vom Killesberg über die Stresemann-, Maybach- und Heilbronner Straße zum Rotebühlplatz und schließlich über die Theodor-Heuss-Straße zum Neckartor führt, teil.

Am Neckartor angekommen, der deutschlandweit wegen Feinstaub und Stickoxiden berühmt-berüchtigten Kreuzung, schallt es aus Lautsprechern: „Stoppt die Enteignung. Unsere Autos sind sauber. Wir lassen uns nicht mehr alles gefallen.“ Vor der Messstation lässt eine Aktivistin einen Hula-Hoop-Reifen um ihre Hüften kreisen. Auf den Boden hat sie mit Kreide „Stoppt Dieselfahrverbote“ geschrieben. Viele der Demonstranten tragen gelbe Westen.

Thomas Scherlinzky vom Organisationsteam der Fahrverbotgegner konkretisiert die Lautsprecherparolen: „Wir zweifeln die Messwerte an. Beispielsweise wird die 15-prozentige Messtoleranz einfach ignoriert.“ Der Schaden, den das Fahrverbot für Euro-4-Diesel und schlechter angerichtet habe, belaufe sich auf 400 Millionen Euro. „Da wurde Privatvermögen vernichtet“, so Scherlinzky. Sollte das Euro-5-Verbot kommen, komme man auf ein Vielfaches dieser Summe.

„Dieselfahrer sind umweltfreundlich“

„Wir sind nicht hier, weil wir die Luft verpesten wollen“, sagt Scherlinzky. Aber die Stadt Stuttgart und das Land seien nicht in der Lage, eine sinnvolle Verkehrspolitik zu machen. Die Autos würden durch die Stuttgarter Innenstadt gezwungen, Umfahrungsstrecken einfach nicht gebaut. Die Fahrverbotsgegner seien umweltfreundlich, aber: „Wir kritisieren die soziale Ungerechtigkeit.“ Schließlich seien die Messwerte für Stickoxid über die Jahre deutlich gesunken. „Das Problem würde sich durch den Flottenwechsel von allein erledigen“, sagt der Aktivist. Das werde nicht gesehen, die Verkehrspolitik in Stuttgart und im Land sei Ideologie-gesteuert.

Der frühere Initiator der Diesel-Demos, Ioannis Sakkaros, schaut auch am Neckartor vorbei. Er würde gern ans Mikrofon, darf aber nicht. „Wir haben Ioannis viel zu verdanken“, sagt ein Redner. Seit er jedoch für die CDU im Gemeinderat sitze, könne er nicht mehr der Kopf einer überparteilichen Bewegung sein. Aber Sakkaros habe sich einen Sitz im Verkehrsausschuss ergattert. Man hoffe, dass der CDU-Mann dort etwas für die Fahrverbotsgegner erreichen könne.

Gegen 17 Uhr ist die bunte und friedliche Veranstaltung ohne besondere Vorkommnisse beendet. Knöllchen für die Euro-4-Diesel wurden übrigens nicht verteilt. Das habe man so mit der Stadt vereinbart, sagt Thomas Scherlinzky.

Dann werden die Dieselmotoren der Bullis angeworfen, es geht nach Hause.