Ziemlich mutig: Viktor Schoner Foto: Björn Klein

Als Fortsetzung der Corona-bedingt zweifach unterbrochenen Spielzeit plant der Stuttgarter Intendant Viktor Schoner ab 1. Februar die Aufführung verschobener Premieren ebenso wie ziemlich Ausgefallenes – darunter eine szenische Johannespassion und „Jesus Christ Superstar“.

Stuttgart - Viktor Schoner ist ins Denken gekommen. Das Wort „systemrelevant“, wohl der heißeste Kandidat für das „Unwort des Jahres“, habe auf die Kunst noch nie gepasst; und überhaupt sei doch eher zu fragen, was für uns Menschen relevant sei. In diesem Sinne plant der Stuttgarter Opernintendant „als Lebenszeichen und als Zeichen der Hoffnung“ ab Anfang Februar die Fortsetzung der coronabedingt pausierenden Spielzeit unter dem Motto „Wer ist wir?“ mit einer Mischung aus verschobenen Premieren und neuen Ideen. Zu den bereits fertiggestellten Produktionen gehören Massenets „Werther“, die schon für Mai 2020 geplante Vivaldi-Oper „Juditha triumphans“ und der Ravel-Abend „Verzauberte Welt“, den man allerdings vorab am 19. Dezember schon per Streaming erleben kann.

Die ursprünglich geplanten großen Projekte – Brittens „Billy Budd“, Brecht/Dessaus „Die Verurteilung des Lukullus“ und Schumanns „Faust-Szenen“ – können, bedingt durch die Corona-Verordnungen und die Kurzarbeit am Haus, in dieser Saison nicht stattfinden. Die stattdessen geplanten Neuproduktionen werden aber die schon verpflichteten Künstlerinnen und Künstler verantworten. Sie bieten Spannendes und ziemlich Ungewöhnliches. Das Erfolgsteam von „Nixon in China“, Marco Storman (Regie) und Anton de Ridder (Dirigent), kombiniert „Jesus Christ Superstar“ („Das hätte ich“, sagt Schoner, „in normalen Zeiten nie aufs Programm gesetzt“) mit Arvo Pärts „Miserere“. Bei Andrew Lloyd Webbers Musical wird sich auch die Band des Ensemble-Sängers Matthias Klink einbringen, und das Bühnenbild ist jenes, das ursprünglich für „Faust“ vorgesehen war.

Ulrich Rasche inszeniert seine erste Oper, Matthias Klink singt in „Jesus Christ Superstar“

Ulrich Rasche gibt nun mit einer szenischen Version von Bachs Johannespassion sein Operndebüt. Moritz Kallenberg singt den Evangelisten, Shigeo Ishino die Jesusworte. Der Generalmusikdirektor Cornelius Meister wird am Pult stehen; er will die nächsten Wochen und Monate dafür nutzen, das Staatsorchester auch in Sachen historisch informierter Stilistik noch sattelfester zu machen. Außerdem ist dieser Abend auch ein anspruchsvolles Stimmpflege-Projekt für den dann 24-köpfigen Staatsopernchor.

Kurzarbeitsbedingt wird die Opernspielzeit schon Mitte Juni enden. Vorher gibt es noch drei konzertante Opern („Falstaff“, „Ariadne“, „Madama Butterfly“), der Februar soll mit „Zauberflöte“, „Die verzauberte Welt“ und einem Familienkonzert („Das Dschungelbuch“) zu einem „Familienmonat“ werden. Die Junge Oper im Nord (Join) will in bekannter Vielfalt aktiv sein, und das Staatsorchester bietet neben seinen Sinfoniekonzerten und einem zweiten Teil des „Denk ich an Deutschland“-Abends eine Fortsetzung der 1:1-Konzerte.