Streitobjekt: Die Filder-Moschee in Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen), insbesondere das geplante Schülerheim. Foto: Günter E. Bergmann - Photograph

Eine Stadträtin aus Herrenberg erzählt von der Jugendarbeit des VIKZ. Die Landes-FDP fordert eine strengere Aufsicht des Islamverbands. Sie hält seine Lehrinhalte für unvereinbar mit einer freien Gesellschaft.

Stuttgart/Herrenberg - Das Urteil von Gabriele Hüttenberger zur Jugendarbeit des Moscheevereins „Kulturzentrum der Deutsch-türkischen Integration und Islamischer Bildung e.V.“ in Herrenberg fällt eindeutig aus: „Diese Leute tragen das Wort ,Integration’ nur im Namen. In Wahrheit aber tun sie alles, um sich und ihre Gemeinde von der Mehrheitsgesellschaft abzuschotten“, berichtet die energische Stadträtin der Freien Wähler (FW) unserer Zeitung.

Und sie weiß, wovon sie spricht: Seit Mitte der 90-er Jahre im Stadtrat und in der Migrantenarbeit aktiv, begleitet sie diesen Verein, örtlicher Ableger des umstrittenen türkisch-muslimischen Verbands VIKZ (Verband der Islamischen Kulturzentren) mit Hauptsitz in Köln – vom ersten Bauantrag für die „Selimiye Moschee“ in der Daimlerstraße bis zum Betrieb eines Schülerwohnheims für – laut Stadtverwaltung – rund 20 ausschließlich männliche Jugendliche seit 2008. Die ersten paar Jahre habe der Verein noch offener agiert. Doch zuletzt habe er zunehmend dicht gemacht. „Sogar der Stadtjugendring wird abgeblockt“, erzählt Hüttenberger. Außer der Einladung zur jährlichen Kermes und zum Tag der offenen Moschee gebe es kaum Kontakte. Bei Oberbürgermeister Thomas Sprißler (FW) wird das Ganze bürokratisch heruntergedimmt: „Die Vernetzung des Trägervereins mit anderen Akteuren der Sozial- und Integrationsarbeit in der Stadt ist nicht sehr stark ausgeprägt“, lässt er auf Anfrage mitteilen.

Konservativ-orthodoxe Richtung

Hüttenberger sorgt sich vor allem darum, welche Ideen den Kindern in dem Herrenberger Schülerheim, bei Ferienfreizeiten und in der „islamischen Kinderkirche“ jedes Wochenende in den Kopf gepflanzt werden. „Da geht es nicht um einen aufgeklärten Islam, wie wir ihn brauchen, sondern um die Verstetigung einer konservativ-orthodoxen Richtung, inklusive Patriarchat“, so die engagierte Frauenpolitikerin.

Vor diesem Hintergrund wirft der FDP-Politiker Nico Weinmann der Landesregierung vor, dem Verdacht der Indoktrination in den Schülerheimen des Islamverbands VIKZ „nicht sonderlich interessiert“ nachzugehen. „Dabei ist ein genaues Hinschauen und Handeln zwingend geboten. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen in unserem Land im Widerspruch zur Freiheitlich Demokratischen Grundordnung erzogen werden“, meint der Rechtspolitiker.

Unsere Zeitung hatte vor Weihnachten über die umstrittene Pädagogik in VIKZ- Schülerwohnheimen berichtet. Dort herrschen strikte Geschlechtertrennung und eine auf Separatismus statt auf Integration abzielende Erziehung.

FDP-Abgeordneter Weinmann gegen Parallelwelt

In seiner Antwort auf eine FDP-Anfrage betont Innenminister Thomas Strobl (CDU), über Kindeswohlgefährdungen sei nichts bekannt: „Hinweise aufgrund der konservativen Ausrichtung gibt es bislang nicht.“ Nach dieser Lesart gilt Indoktrination mit erzkonservativem Islam nicht als Kindeswohlgefährdung. Strobl räumt ein, dass die Aufsicht verbessert werden müsse: „Die Regelstrukturen der zuständigen Behörden sind personell und qualitativ zu stärken.“ Bei der Vorbeugung der Beeinflussung sieht er das Land gerüstet. „Der zielgerichtete Indoktrinierung Minderjähriger solle in erster Linie mit präventiven Ansätzen begegnet werden“, sagt er unter Verweis auf Präventionsprojekte. Der FDP geht das nicht weit genug. Mit Blick auf die VIKZ-Heime fordert sie schärfere Kontrollen. „Das schulden wir den Kindern und Jugendlichen, denen in einer Parallelwelt nicht die Errungenschaften einer freien Gesellschaft vorenthalten werden dürfen“, sagt Weinmann.

VIKZ-Landeschef Yavuz Kazanç bestreitet alle Vorwürfe und beteuert das „gelebte Bekenntnis zum Grundgesetz“. Zu dem Verband, der in Köln ein neues Zentrum für 70-Millionen Euro plant, gehören im Südwesten 45 Moscheegemeinden und elf Schülerheime. In Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) gibt es Streit über den Bau eines neuen Heims. Für Hüttenberger steht fest: „Diese Leute leben seit 40 Jahren hier, sie kennen die Demokratie, aber sie lehnen sie ab.“