Weizenernte in Kanada: Das Land gehört zu den fünf größten Exportregionen der Welt. Foto: AP

Ackerbau ist überall auf der Welt ein schwieriges Geschäft. Doch Argentinien, Kanada und Osteuropa zeigen, dass er sehr profitabel sein kann. Die Produzenten aus der EU könnten dagegen abgehängt werden.

Stuttgart - Ein Weizenpreis auf Rekordniveau und Ernteausfällewegen der Dürre in Deutschland und anderen Teilen Europas haben im Sommer die Schlagzeilen bestimmt. Aber wie die langen Linien in der globalen Pflanzenproduktion aussehen, das enthüllt eine Analyse des Thünen-Instituts in Braunschweig, einer landwirtschaftlichen Bundesforschungsanstalt.

Sie stützt sich auf Aussagen von 50 internationalen Agrarökonomen, die sich zum sogenannten Cash-Crop-Gipfel in Peking getroffen hatten. Demnach sei der Ackerbau in vielen Teilen der Welt ein „schwieriges Geschäft“. Vor allem in der EU kämpften Landwirte damit, Ausgaben und Abschreibungen ihres Anlagevermögens zu erwirtschaften.

Manche Länder stemmen sich gegen den Trend

Doch es gebe Ausnahmen: „Typische Betriebe in Argentinien, Kanada und Osteuropa zeigen, dass Pflanzenproduktion gewinnbringend sein kann.“ Die Kostenminderung sei für viele Bauern und Farmer entscheidend, dabei sei das Bild weltweit sehr unterschiedlich. Im Jahr 2017 lagen viele typische EU-Betriebe bei der Rentabilität unter dem Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016. In Nord- und Südamerika hingegen konnten sich zahlreiche Betriebe im Vorjahr „gegen den Trend“ verbessern.

Besonders profitabel waren Produzenten in Argentinien, Kanada, Russland und der Ukraine. Trotz knapper Margen sei die Agrarproduktion weltweit nicht zurückgefahren worden, im Gegenteil: „Die Newcomer aus aus Osteuropa und Lateinamerika haben die Produktion in den letzten Jahren erheblich gesteigert“, heißt es in der Studie.

Soja und Mais werden verstärkt abgesetzt

Folglich seien die Agrarrohstoffmärkte rasch gewachsen: Seit 2012 haben die zehn größten Sojaproduzenten ihre Exporte um 8,2 Prozent gesteigert, bei Mais betrug die jährliche Wachstumsrate 7,4 Prozent und bei Weizen 4,9 Prozent. Da die OECD und die Welternährungsorganisation FAO im Gegensatz dazu einen Rückgang bei den Wachstumsraten prognostiziert hatten, sei es nur eine Frage der Zeit, bis die globalen Rohstoffpreise fallen werden.

Yelto Zimmer, Koordinator des sogenannten Agri-Benchmark-Crop-Centers am Thünen-Institut, sagt: „Wir werden versuchen herauszufinden, wie sich die Landwirte an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen.“

Raps kämpft mit Schädlingen

Die Lage bei den Erzeugnissen ist unterschiedlich. So leidet die Zuckerrohr- und Zuckerrübenproduktion unter sinkenden Weltmarktpreisen. Weizen ist in hoch entwickelten Ländern häufig weniger rentabel als andere Kulturen. Da Alternativen – etwa Raps in der EU – mit einem hohem Krankheitsdruck zu kämpfen haben, ist ein Umstieg in großem Stil nicht leicht.

Wegen strenger Umweltregulierungen und wachsenden Resistenzen bei Unkräutern und Schädlingen haben viele EU-Landwirte keine andere Wahl als ihre Fruchtfolgen zu diversifizieren. Für den französischen Agrarökonomen Baptiste Dubois ist das kein Nachteil: „Mit erweiterten Fruchtfolgen und veränderter Bodenbearbeitung können Pflanzenschutzmittel eingespart, Resistenzen vermindert und Gewinne gesteigert werden.“

China subventioniert seine Landwirtschaft stark

Nimmt man einzelne Länder in den Blick, ragt vor allem China heraus: Dort unterstützt der Staat die Pflanzenproduktion massiv finanziell: mit Importzöllen, Mindestpreisen, Flächenzahlungen und einer Subvention für den „Input“ bei Weizen, Reis und Mais. Das führt dazu, dass die inländischen Agrarpreise bis zu 60 Prozent und mehr über den Weltmarktpreisen liegen.

Peking fördert die Gründung von Genossenschaften und sogenannten Konglomeraten, die im Grunde private Unternehmen sind: 2016 waren mehr als 44 Millionen Bauern Mitglied in einer Genossenschaft, im Jahr 2008 waren es erst 1,3 Millionen. Investiert eine Genossenschaft in Maschinen oder Bewässerungsanlagen, schießt der Staat bis zu 80 Prozent der Kosten zu. Gerade in Nordchina ist der Düngemitteleinsatz erheblich.

Auch für deutsche Bauern soll es einen Markt geben

Mehr als 200 Kilo Stickstoff werden auf einem Hektar ausgebracht, um acht Tonnen Mais zu erzeugen – das liegt um ein Fünffaches über dem Wert deutscher Landwirte. „Die Minderung der Treibhausgasemissionen dürfte in China ein enormes Potenzial haben, wenn man die Stickstoffdüngung an den Bedarf der Pflanzen anpasst“, heißt es.

Beim Deutschen Bauernverband sieht man sich durch die Analyse bestätigt: „Der weltweite Getreidebedarf wird weiter ansteigen“, sagt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Verbandes: „Daher wird es mittel- und langfristig auch für deutsche Ackerbauern einen Markt geben. Deutlich geworden sei aber auch, „dass wir uns in einem globalen Marktumfeld bewegen“.

Bauernverband: Die Politik ist gefordert

Der Weizenpreis werde stark vom internationalen Markt beeinflusst: „Wettbewerber in vielen Weltregionen arbeiten mit niedrigeren Umwelt- und Qualitätsstandards und somit niedrigeren Kosten als in Deutschland.“ Deshalb sei die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass deutsche Betriebe wettbewerbsfähig blieben und ihre „hochwertigen Produkte“ auf kaufkräftigen Märkten absetzen könnten.