Auch für den Whistleblower Edward Snowden – hier in eine Videokonferenz im Jahr 2014 – setzt sich Amnesty mit dem Briefmarathon ein. Foto: AFP

Amnesty International setzt sich mit „Briefmarathon“ für gefährdete Menschen ein – und das Landesparlament macht mit.

Stuttgart - Was kann ein Brief gegen Misshandlung eines Menschen bewirken? Nicht viel. Millionen Briefe aber haben Gewicht, und wenn sie mit dem Briefkopf eines Abgeordneten versehen sind, kann eine Regierung sie nicht so einfach in den Papierkorb werfen. Nach diesem Prinzip arbeitet seit Jahrzehnten die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. „Briefmarathon“ nennt sich das. (https://www.briefmarathon.de/)

Seit einiger Zeit geht Amnesty auch gezielt in die Parlamente und ermuntert dort die Abgeordneten, sich für ausgewählte Fälle auszusetzen. An diesem Mittwoch sind ihre Vertreter im Stuttgarter Landtag und informiert am Rand der Plenarsitzung über mehrere Fälle eklatanter Menschenrechtsverletzung. Der ägyptische Fotojournalist Mahmoud Abu Zeid zum Beispiel arbeitete für internationale Medien und hat die mehrfach die gewaltsamen Auseinandersetzungen des vergangenen Jahre in Kairo dokumentiert. „Als er Bilder von der gewaltsamen Niederschlagung eines Proteszugs machte, kam er in Haft, ihm droht nun die Todesstrafe“, sagt Gudula Dinkelbach, die vom Amnesty-Bundesvorstand für die Aktion in Baden-Württemberg beauftragt wurde.

Auch Snowden gehört zu den Schützlingen

Auch für eine Kleinbäuerin aus Peru, die von Bergbauunternehmen drangsaliert wird, für einen indonesischen Aktivisten, der seit neun Jahren im Gefängnis sitzt, und für eine Menschenrechtlerin aus der Türkei setzt sich Amnesty in dem Briefmarathon ein. Und ein gewisser Edward Snowden gehört ebenfalls zu den Schützlingen der Menschenrechtsorganisation. Der ehemalige CIA-Mitarbeiter und Whistleblower hat bekanntlich vor drei Jahren die Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten publik gemacht. Im vergangenen Jahr empfahl das Europäische Parlament den Mitgliedstaaten der EU, alle Vorwürfe gegen Snowden fallen zu lassen und ihm Schutz zu gewähren. Doch der 33-jährige Amerikaner kann zurzeit nicht wagen, sein Asyl in Russland zu verlassen. Denn ihm droht die Auslieferung, und in den USA erwarten ihn bis zu 30 Jahre Haft.

Die Menge macht’s

Was damit die Landtagsabgeordneten zu tun haben? „Der Briefkopf wirkt“, sagt Amnesty-Vertreterin Dinkelbach. Schon im vergangenen Jahr hat die Organisation die Stuttgarter Volksvertretung erfolgreich um ihren Einsatz gebeten: „Das stieß auf großes Interesse, wir hatten über 100 Briefe.“ Wer am Erfolg solcher Kampagnen zweifelt, sollte sich die Bilanz von Amnesty anschauen. Rund ein Drittel der Aktionen für Einzelfälle führen nach eigenen Angaben zu konkreten Erfolgen. Die Menge macht’s: Im vergangenen Jahr gab es weltweit 3,7 Teilnehmer.