So groß wie weiland in Stuttgart ist die winterliche Eislauffläche in Fellbach nicht – doch die Attraktion des Weihnachtsmarkts kommt mit weniger Energie aus. Foto: dpa/Marijan Murat

Nach Jahren der Pause darf beim Weihnachtsmarkt wieder gerutscht werden. Die neue Fellbacher Eisbahn braucht für die Kühlung deutlich weniger Energie als das Vorgängermodell. Ein unerwarteter Kontakt bahnte den Weg zur neuen Anlage.

Noch vor einem Jahr schauten Schlittschuh-Fans unter dem Kappelberg in die Röhre: Nach Ausfällen in den Zeiten der Pandemie traf die Stadt Fellbach bereits im Sommer 2022 die Entscheidung, die beliebte Freiluft-Eisbahn in der Winterzeit einmal mehr vom Programm zu nehmen. Statt der Furcht vor dem Virus diente nach dem russischen Überfall auf die Ukraine die Energiekrise als Argument für die erneute Absage. Die Angst vor einem Winter in der ungeheizten Wohnung bremste den Kufenspaß unter freiem Himmel aus.

Leicht gemacht hatte sich die Rathausspitze den Verzicht auf die Eisbahn keineswegs. Denn das Schlittschuhfahren gilt trotz der überschaubar großen Eisfläche als Attraktion für den Besuch des Fellbacher Weihnachtsmarkts. Ohne den Freizeitspaß zum kleinen Preis verlor die kleine Budenstadt rund ums Rathaus für Familien mit kleinen Kindern ein großes Zugpferd. Denn was den Erwachsenen der Glühwein ist, ist dem Nachwuchs das Gleiten auf schmaler Kufe. „Die Kunsteisbahn gehört in Fellbach seit vielen Jahren zur Adventszeit dazu und ist besonders bei Kindern und Jugendlichen ein beliebter Publikumsmagnet“, drückte Jens Mohrmann, Chef der städtischen Eventtochter Feel, vergangenes Jahr sein Bedauern über das Fehlen der Winterattraktion aus.

In Zeiten von Energiesparen war die Eisbahn nicht vertretbar

Doch in Zeiten, in denen die Firmen um die Gasversorgung bangen mussten, in den Hallenbädern die Wassertemperaturen abgesenkt wurden und Beamte angehalten wurden, wegen der allenfalls auf Halblast blubbernden Heizkörper im Dienst lieber einen Pulli mehr überzustreifen, schien der Aufbau einer Eisbahn nicht passend. „Trotz des Einsatzes energieeffizienter Kühlaggregate ist der Betrieb nicht mit der Prämisse des Energiesparens vereinbar“, hieß es seinerzeit in einer Presseerklärung zur Absage der winterlichen Eisfreuden. In der kalten Jahreszeit könne der Gasmangel schließlich zum Stromproblem werden, weil Energie aus Windkraft oder Solarmodulen im Winter eher spärlich fließt.

Nachgedacht wurde in Fellbach zwar über eine Ersatzlösung mit Kunststoffplatten statt Eisfläche. Durch setzte sich die Idee mit der eisfreien Alternative allerdings nicht. Denn erstens waren die Rückmeldungen des Publikums aus anderen Kommunen über den Plastikuntergrund alles andere als positiv, für das Motto „Rutschen statt Gleiten“ konnten sich die wenigsten Besucher begeistern. Und zweitens tat sich mit dem ökologisch fragwürdigen Abrieb von Mikroplastik bei der Benutzung der Kunststoffplatten ein neues Problemfeld auf. Die Stadt – bei der Eisbahn gemeinsam mit den Stadtwerken und dem Stadtmarketing-Verein im Boot – ließ den Schlittschuh-Spaß lieber komplett ausfallen, als sich dem Vorwurf auszusetzen, vom Energieverschwender zum Ökosünder zu werden. Nicht wenige Fellbacher hätten deshalb damit gerechnet, dass die Eisbahn unter dem Kappelberg dauerhaft eingemottet bleibt – und mit Blick auf den Klimawandel auch künftig nicht mehr aufgebaut werden wird. Schließlich gilt der Kufenspaß nicht ganz zu Unrecht als bemerkenswerter Stromfresser. Auch wenn die in der Branche kursierenden Energiekosten schon wegen der unterschiedlichen Größen nicht unbedingt vergleichbar sind.

Deutlich fünfstellige Beträge müssen Veranstalter aber schon auf den Tisch legen, um eine Eisbahn an den Start zu bringen. Gut 15 000 Euro kosten die jeweils etwas über 400 Quadratmeter großen Eisbahnen in Braunschweig und Starnberg pro Saison, das entspricht knapp 500 Kilowattstunden pro Betriebstag. Und beim Stromverbrauch gilt als Faustregel, dass eine Eisbahn in vier Wochen Betriebszeit den Jahresverbrauch von sechs Einfamilienhäusern verschlingt.

Die Fellbacher Kunsteisbahn ist mit einer Fläche von 225 Quadratmeter zwar deutlich kleiner. Doch den politischen Weg geebnet hat der in diesen Tagen auf dem Guntram-Palm-Platz vor der Schwabenlandhalle aufgebauten Attraktion erst ein unerwarteter Kontakt. Auf einer Tagung für Citymanager im Frühjahr entdeckten der frühere Stadtmarketing-Geschäftsführer Julian Deifel und sein Nachfolger Bastian Engelhaus das Modell eines Eisbahn-Anbieters, das bei der Kühlung des Untergrunds satte 40 Prozent weniger Energie verbraucht als Fellbachs frühere Eisbahn – und mit vergleichsweise gutem Gewissen betrieben werden kann.

Eröffnung kurz vor dem Weihnachtsmarkt

Aus dem Kontakt wurde ein Mietvertrag, beim Schlittschuhspaß ist Fellbach künftig deutlich nachhaltiger unterwegs. Möglich macht den reduzierten Energiebedarf nach Angaben des Regensburger Herstellers ein Umdenken bei der Technik: Statt der sonst üblichen PVC-Rohre setzt das Unternehmen auf Aluminium – das Material gibt die Kälte deutlich schneller ans Wasser ab als ein Kunststoffschlauch. Außerdem liest das EDV-unterstützte Kühlsystem auch Wetterdaten ein. Ist es draußen knackig kalt, muss weniger gekühlt werden als bei eher milden Temperaturen. In Fellbach sind sie so stolz auf die innovative Technik, dass die Eis-Saison am Samstag eine eigene Eröffnung erhält: Bevor der Weihnachtsmarkt um 17 Uhr startet, will die Oberbürgermeisterin Gabriele Zull um 16 Uhr erst mal mit einem Glühwein auf die Eisbahn anstoßen. Geöffnet ist die Eisbahn täglich von 12 bis 20 Uhr, Kinder bis fünf Jahre fahren gratis.