Ela Er und Verena Hübsch (von links) sowie Stefan Fischer und Oskar Otto (von rechts) standen bei der Podiumsdiskussion Rede und Antwort. Petra Xayaphoum und Annika Grah (3. u. 4. v. li.) moderierten die Veranstaltung. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Welche Themen interessieren die junge Generation? Und was würde sich ändern, wenn es mehr Junge im Gemeinderat gäbe? Wir haben zwei Kandidaten, eine Jugendgemeinderätin und eine Stadträtin gefragt.

Sie sind jung und wollen etwas bewegen. Das haben Verena Hübsch, Ela Er, Oskar Otto und Stefan Fischer gemein. Verena Hübsch sitzt für die Fraktionsgemeinschaft Puls im Gemeinderat, Ela Er ist die Sprecherin des Jugendgemeinderats, Oskar Otto kandidiert bei den Kommunalwahlen für die SÖS und Stefan Fischer für die FDP. Alle vier waren am Mittwochabend Podiumsgäste bei der Veranstaltung „Mittendrin – Wen juckt die Kommunalwahl?“ von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten.

 

Zu wenige junge Menschen seien politisch aktiv, sagt Oskar Otto. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Warum sie sich engagieren? „Ein Viertel der Bevölkerung in Stuttgart ist 25 Jahre oder jünger. Doch im Gemeinderat sitzt keine Person unter 25. So sind nicht nur junge Menschen unterrepräsentiert, sondern auch junge Themen“, sagte Oskar Otto. Stefan Fischer ergänzte: „Ich bekomme bei politischen Diskussionen mit Freunden oder in der Familie immer viel Unzufriedenheit mit. Ich habe dann stets den Gedanken: Wenn mich was stört, dann versuche ich, was zu ändern. Das bewegt mich dazu, in Gremien zu gehen.“

Nicht nur Themen wie der Bau neuer Spielplätze seien „jugendrelevant“, betont Stefan Fischer. Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Die beiden jungen Kandidaten haben bereits erste politische Erfahrungen im Jugendgemeinderat gesammelt. „Aber da stößt man schnell an seine Grenzen“, sagte Otto. Zum Beispiel, wenn das Gremium selbst die Initiative ergreife und einen Antrag einreiche. „Locker warten wir ein Jahr auf die Beantwortung“, sagte der SÖS-Kandidat. Ela Er fügte hinzu, dass der Jugendgemeinderat nur bei sogenannten jugendrelevanten Themen ein Rederecht im Gemeinderat habe. „Doch die Menschen im Gemeinderat entscheiden, was jugendrelevant ist“, kritisierte sie. Klimapolitik zum Beispiel gehöre aktuell nicht dazu. „Dabei geht es doch um unsere Zukunft“, so ihr Appell. Das sah der FDP-Kandidat genauso. Jugendrelevant seien nicht nur Spielplätze, sondern eben auch Klima und vor allem Schulen.

Foto: Lichtgut/Zophia Ewska

Welche Themen ihnen besonders wichtig seien, fragte Annika Grah. Sie ist die Leiterin des Thementeams Institutionen und Entscheider und moderierte die Veranstaltung zusammen mit Petra Xayaphoum, der Leiterin des Thementeams Stadtkind. Klimaschutz und Klimaanpassung stehen auch bei Oskar Otto weit oben auf der Liste. Schließlich engagiert er sich bei Fridays for Future. Zudem fordert er einen kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr, der auch nachts unterwegs sein müsse, und mehr konsumfreie Aufenthaltsorte für junge Menschen. Ela Er, die bei der Kommunalwahl nicht kandidiert, möchte sich als Jugendgemeinderätin weiter für mehr kulturelle Vielfalt einsetzen. „Mich persönlich beschäftigt es, dass rechtsextreme Ideologien in unserer Gesellschaft immer stärker werden“, sagte sie. Stefan Fischer hob die Schulinfrastruktur hervor. „Für mich ist das auch ein sozialer Hebel. Bildung ist eine große soziale Chance“, sagt er. Auch der Ausbau des ÖPNV sei wichtig, um eine „echte Alternative zu schaffen“. Zudem müsse die Stadt Menschen mit Migrationshintergrund ein Angebot machen, um sich zu integrieren.

Allein schaffe man im Gemeinderat nichts, es sei immer Teamarbeit, sagt Verena Hübsch. Foto: Zophia Ewska

Wie viel Spielraum man als einzelnes Mitglied des Gemeinderats hat, erklärte Verena Hübsch: „Nahezu jedes Thema ist eine Aushandlungssache. Allein schafft man nichts, es ist immer Teamarbeit. Es ist immer ein Ringen um gute Lösungen, und es geht immer darum, Mehrheiten zu finden.“ Demotivierend seien die oft langen Bearbeitungszeiten von Projekten. Gründe dafür seien der meist große Abstimmungsbedarf zwischen verschiedenen Ämtern und der Fachkräftemangel in der Verwaltung. Wenn dann ein Plan stehe, brauche es Geld für dessen Umsetzung. Haushaltsberatungen seien aber nur alle zwei Jahre.

Apropos, der aktuelle Doppeletat hat ein Volumen von 11,2 Milliarden Euro. Macht es einem Angst, wenn man über die Verwendung solch hoher Summen entscheiden muss? „Man kommt da rein, und man bekommt ja auch Hilfe von der Verwaltung und von erfahreneren Stadträten“, machte Hübsch Mut und ergänzte: „Letztlich sind wir dafür gewählt, diese Entscheidungen zu treffen, und müssen dann natürlich auch zu diesen stehen.“ Sie selbst kandidiert am 9. Juni nicht wieder. Einig waren sich die jungen Engagierten in ihrem Appell: Auf alle Fälle wählen gehen, und die Kreuze bei einer demokratischen Partei setzen.