Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) will leicht verderbliche Lebensmittel besser über deren Haltbarkeit informieren. Für die Grünen eine „Alibi-Veranstaltung“. Der Lebensmittelmüll in Deutschland verringere sich dadurch nicht.
Berlin - Verbraucher sollen nach Plänen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bei leicht verderblichen Lebensmitteln besser über die Haltbarkeit informiert werden. Schmidt sagte der „Rheinischen Post“ vom Samstag, dass es künftig neben dem bekannten Mindesthaltbarkeitsdatum auf den Verpackungen auch ein „Verbrauchsverfallsdatum“ geben solle. Die Grünen nannten den Vorschlag eine „Alibi-Veranstaltung“.
Mit der detaillierteren Kennzeichnung sollen Verbraucher „einen Korridor erkennen können zwischen Mindesthaltbarkeit und dem tatsächlichen Verfall eines Produkts“, sagte Schmidt. Viele Verbraucher interpretierten die Mindesthaltbarkeit als Verfallsdatum und schmissen nach Ablauf zum Beispiel einen noch genießbaren Joghurt ungeöffnet weg. „Das muss nicht sein“, sagte der Minister. Bei dauerhaft haltbaren Produkten wie Nudeln oder Kaffee soll das Mindesthaltbarkeitsdatum nach Schmidts Plänen gänzlich wegfallen.
Jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittelmüll
Derzeit landen den Angaben zufolge in Deutschland jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll - diese Zahl will Schmidt bis 2030 halbieren. Die Bundesregierung bemüht sich dabei um eine EU-weite Neuregelung des Haltbarkeitsdatums. Der neuerliche Vorstoß von Schmidt sei „total verwunderlich“, sagte die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Nicole Maisch, der Nachrichtenagentur AFP. Bereits im März habe der Minister Änderungen beim Haltbarkeitsdatum gefordert, „und dann haben wir nie wieder was davon gehört“. „Ich bin skeptisch, denn aus seinen großen Ankündigungen ist nie etwas geworden“, sagte Maisch weiter. Schmidts Vorschlag sei eine „Alibi-Veranstaltung“. Grundsätzlich könne zwar über Änderungen beim Mindesthaltbarkeitsdatum nachgedacht werden. „Aber davon sollte man sich nicht zu viel versprechen.“
Der Großteil des Lebensmittelmülls in Deutschland seien Produkte ohne Mindesthaltbarkeitsdatum, sagte die Grünen-Politikerin. Außerdem sei Studien zufolge nur eine kleine Minderheit der Deutschen der Ansicht, dass Lebensmittel nach dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht mehr verzehrbar seien. „Warum setzt Herr Schmidt nicht die fraktionsübergreifenden Beschlüsse des Bundestags um, in denen seit 2012 konkrete Zielvereinbarungen für die Reduzierung des Lebensmittelmülls gefordert werden?“, fragte Maisch. Dabei müsse die gesamte Lebensmittelkette vom Acker bis zum Handel ins Auge gefasst werden. Für die Landwirtschaft hieße das eine Abkehr von der Massenproduktion für den Weltmarkt hin zu mehr ökologischer Qualität und Regionalität.
Seit 30 Jahren vorgerschrieben: das Mindesthaltbarkeitsdatum
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist in Deutschland seit mehr als 30 Jahren gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt an, bis zu welchem Datum mindestens das ungeöffnete und richtig gelagerte Lebensmittel seine spezifischen Eigenschaften wie Geschmack, Geruch, Farbe, Konsistenz und Nährwert behält. Es ist also kein Verfallsdatum, sondern lediglich die Garantie des Herstellers für bestimmte Qualitätseigenschaften. Der Landwirtschaftsminister will auch neue Methoden fördern, die Haltbarkeit zu deklarieren. So könnte ein Joghurt sein Verfallsdatum künftig selbst bemerken. „Nach meiner Vorstellung wären zum Beispiel sensitive Folien auf den Deckeln von Joghurtbechern nützlich, die farblich anzeigen, ob das Produkt noch genießbar ist oder nicht“, sagte Schmidt der „Rheinischen Post“. Für die Forschung zur Entwicklung intelligenter Verpackungen wie für den Joghurt stellt sein Ministerium demnach zehn Millionen Euro zur Verfügung.