Für ein besseres Klima gehen auch in Stuttgart viele Menschen auf die Straße. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Damit weniger Treibhausgase entstehen, will der Stuttgarter Gemeinderat viel Geld ausgeben, der Begriff Klima-Notstand bleibt aber strittig.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt hat 2018 einen Jahresüberschuss von rund 526 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Großteil des Geldes, 396 Millionen Euro, soll in Rücklagen fließen, nach Vorstellung von OB Fritz Kuhn (Grüne) davon allein 200 Millionen in einen neuen Klimaschutzfonds und 175 Millionen für Kulturprojekte, zuvörderst die Opernsanierung.

Am Mittwoch debattierten die Fraktionen des Gemeinderates im Verwaltungsausschuss erstmals über den Geldregen. Kuhn erhielt im Grundsatz breite Unterstützung. Allerdings differieren die Vorstellungen zur Aufteilung im Detail. So will Hannes Rockenbauch, Fraktionschef von SÖS/Linke-plus, die Kulturspritze zugunsten eines 365-Euro-Jahrestickets im VVS eindampfen. Er fordert auch, Stuttgart solle, wie zum Beispiel Konstanz und Karlsruhe (am Dienstag mit knapper Mehrheit), den Klimanotstand ausrufen. Die Fraktion hat einen entsprechenden Antrag für Mittwoch, den 25. Juli, zur Abstimmung gestellt. An diesem Tag konstituiert sich der neue Gemeinderat.

Streit um Notstand bahnt sich an

Kuhn und die Mehrheit hatten die von SÖS/Links-plus schon am 23. Mai geforderte Notstandserklärung mit einer Vertagung abgewendet. Der OB sieht eine negative Symbolik, er will im Herbst bei den Haushaltplanberatungen lieber die Details seines Klimaschutzprogramms diskutieren. „Entscheidend ist das Handeln“, sagt er.

„Wir wollen etwas tun, wollen vorangehen“, erklärte Alexander Kotz, Fraktionschef der CDU. Die Christdemokraten wollen die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) , deren Jahresdefizit auf über 30 Millionen Euro gestiegen ist, mit einem Sonderzuschuss von 40 Millionen Euro an die SSB-Dachgesellschaft SVV (Versorgungs- und Verkehrsbetriebe) stärken.

Dafür sollen 20 Millionen Euro Extrarücklage für die Radinfrastruktur gestrichen werden. Die SVV gleicht das SSB-Defizit steuersparend aus. Außerdem sollen pro Jahr 25 Millionen Euro aus dem Fonds an die SSB fließen. Auch FDP und Freie Wähler sind für das Klimapaket. Man wolle den Nahverkehr stärken, so FDP-Chef Matthias Oechsner. Die Stärkung der SVV nannte Grünen-Sprecher Andreas Winter „überlegenswert“. Nach dem Radentscheid vieler Bürger müsse dieser Bereich bewusst gestärkt werden. „Alles andere wäre ein falsches Zeichen“, so Winter. Die Abstimmung über den Notstand will er in den neuen Klima-Ausschuss des Rates verschieben – er tagt nach bisheriger Planung erstmals am 11. Oktober.

Hilfe für SSB im Fokus

Auch die SPD befürwortet den Klimafonds, sie will noch 100 Millionen extra für den Nahverkehr. Wo Fraktionschef Martin Körner die Summe im Gegenzug streicht, blieb offen. „Und wir wollen das Eigenkapital der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mit 100 Millionen Euro stärken“, so Körner. Dieser Batzen solle aus der schon 2018 gebildeten Rücklage zur Wohnraumoffensive (150 Millionen) fließen.

SPD will Zuschlag für das Personal

Für das Personal fordert Körner, geknüpft an bestimmte Entgeltgruppen, eine Ballungsraumzulage von 200 Euro pro Monat. Laut Personalrat würde das die Stadt jährlich 22 Millionen kosten. Die SPD will zudem mehr Stellen. Investitionsentscheidungen könnten aus Personalmangel kaum mehr umgesetzt werden. Allein das Schulverwaltungsamt schiebt 209 Millionen Euro bewilligter Investitionsmittel vor sich her.

Auch Kuhn („Das Stellenthema ist unbestritten“) und andere wollen im Doppelhaushalt beim Personal draufsatteln. Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) bremste. Die hohe Liquidität (2,6 Milliarden Euro) „beschäftigt uns, sie kann auch eine Bürde sein“, sagte er, die Gewerbesteuereinnahmen gingen bereits in diesem Jahr zurück. „Die Vorzeichen in der Wirtschaft haben sich geändert“, versuchte Fuhrmann weitreichende Wünsche zu dämpfen.