Auch in Stuttgart streiken Schüler regelmäßig für den Klimaschutz. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Baden-Württembergs Kultusministerin hält sich mit Sanktionen gegen die protestierenden Schüler zurück. Die Aktivisten zeigen sich von drohenden Sanktionen wenig beeindruckt – aber enttäuscht vom Landtag.

Stuttgart - Schüler und ihre Eltern in Baden-Württemberg müssen wohl nicht mit Bußgeldern rechnen, wenn die Schüler den Unterricht schwänzen und für den Klimaschutz demonstrieren. Solche Sanktionen sind jetzt aus München bekannt geworden. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sagte auf Anfrage: „Wir verhängen keine Bußgelder. Aber es kann nicht auf Dauer gehen, dass wir Unterricht ausfallen lassen für den Klimaschutz.“ Sie will zunächst Ostern abwarten und auch sehen „wie während der Ferien demonstriert wird“. Die Ministerin setzt auf das Interesse der Eltern, dass die Kinder unterrichtet werden und verweist darauf, dass die Eltern „sonst auch zu Recht darauf hinweisen“, dass der Unterrichtsausfall hoch sei.

Geschwänzter Unterricht muss nachgeholt werden

Klimaschutz sei ein wichtiges Thema und sie wolle „engagierte Schülerinnen und Schüler“, sagte Eisenmann. Sie habe angeregt, das Thema im Unterricht zu behandeln. „Aber die Demonstrationen müssen nicht während der Schulzeit sein. Wer Klimaschutz ernst meint, kann das auch außerhalb der Schulzeit machen.“ Sie appelliert an die Schüler: „Wir müssen hier zu Maß und Mitte zurückfinden.“ Deshalb müsse der geschwänzte Unterricht auch nachgeholt werden.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte zuvor von einem Treffen mit Schülern aus der Fridays-for-Future-Bewegung berichtet und kritisch bewertet, dass Schüler während der Schulzeit demonstrieren. „Vor allem kann das nicht ewig so weitergehen“, hatte er erklärt. Die Sorge der Schüler um das Klima und ihr moralischer Appell sei gerechtfertigt. Der Streik sei ein Akt des zivilen Ungehorsams. Doch wenn Regeln verletzt würden, müsse man mit Sanktionen rechnen. „Es wird irgendwann zu Sanktionen kommen“, sagte Kretschmann.

Aktivisten sehen kein Ende der Demonstrationen

Von möglichen Sanktionen zeigen sich Patrick Vexler und Nisha Toussaint-Teachout von der Stuttgarter Fridays-for-Future-Bewegung wenig beeindruckt. „Wir werden dann zurück in die Schule gehen, wenn die Politiker ihre Aufgaben erledigt haben“, sagte Vexler am Rande der Landtagsdebatte zum Klimaschutz. Der 16-jährige Gymnasiast hat „keine Bedenken, dass ich in der Schule was versäume, ich lerne das Wichtige gerade auf der Straße.“ Bis jetzt weiß der Stuttgarter Schüler nichts von Bußgeldern, bei einigen der Aktiven werde das wiederholte Fehlen wohl im Zeugnis eingetragen werden. Das trägt er mit Fassung: „Es geht um mein Leben, den ein oder anderen Eintrag kann ich da schon verkraften.“

Nisha Toussaint-Teachout sieht auch kein Ende der freitäglichen Demonstrationen während der Schulzeit: „Die Form der Proteste wird sich erst mal nicht ändern. Wir müssen unsere Pflicht brechen. Wir kriegen nur so Aufmerksamkeit“, sagte sie unserer Zeitung. Ein Ziel, den Klimaschutz wieder in die Debatte zu tragen, haben die Demonstranten nach Auffassung der 19-jährigen Stuttgarterin schon erreicht. Die kontroverse Landtagsdebatte am Mittwoch zum Thema machte ihr jedoch wenig Hoffnung. „Wir wollen Taten sehen, nicht nur leere Worte“, meinte sie nach der Diskussion im Plenarsaal. „Die destruktive Debatte hat uns zu unseren weiteren Streiks bestärkt“, so die Aktivistin.

Parteinachwuchs kritisiert Kretschmann

Der Parteinachwuchs der Grünen und der SPD geht derweil mit Ministerpräsident Kretschmann ins Gericht. „Gewerkschaften streiken auch nicht am Wochenende“, merken die Jusos an. Und Marcel Roth von der Grünen Jugend hält die Äußerungen Kretschmanns für „wirklich nicht klug“. Die Streiks müssten „so lange weitergehen, bis weitere konkrete Maßnahmen beschlossen werden. Von der Bundes-, wie von der Landesregierung.“