Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ erhöht Horst Seehofer erneut den Druck auf die Kanzlerin. Foto: dpa

CSU-Chef Horst Seehofer legt im Asylstreit nach, während Kanzlerin Merkel auf den Migrations-Minigipfel in Brüssel setzt. Kritiker befürchten, dass Seehofer mit einem Alleingang dem Schengen-Abkommen und Europa schweren Schaden zufügen könnte.

Berlin - Im unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik gibt sich CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer unbeugsam. Seehofer machte in der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstagausgabe) deutlich, dass er sich auch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht von seinen Plänen abbringen lassen will. „Wenn der EU-Gipfel keine wirkungsgleichen Lösungen bringt, werden Migranten, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind, zurückgewiesen“, bekräftigte er.

Merkel dagegen beharrt auf einer europäischen Vereinbarung. Sie hat bereits signalisiert, Seehofer mit ihrer Richtlinienkompetenz in die Schranken zu weisen, falls der Minister mit dem angekündigten Alleingang Ernst macht.

„Das werden wir uns auch nicht gefallen lassen“, konterte Seehofer nun. „Man hat im Kanzleramt aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Und es ist höchst ungewöhnlich gegenüber dem Vorsitzenden des Koalitionspartners CSU, mit der Richtlinienkompetenz zu drohen.“

Seehofer zufolge zielen seine Pläne in der Frage der Zurückweisung nicht nur auf einen symbolischen Akt. „Es geht darum, dass man effektiv zurückweisen kann. Dazu gehören für mich auch temporäre, anlassbezogene Kontrollen auch an anderen Grenzübergängen als den drei stationär kontrollierten in Bayern“, sagte er.

Sollte es nicht noch in diesem Monat zu einer gemeinsamen europäischen Lösung kommen, will Seehofer vom 1. Juli an die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der Grenze anordnen. Die 28 EU-Staats- und Regierungschefs treffen sich kommenden Donnerstag und Freitag zu einem regulären Gipfel in Brüssel. Bereits für diesen Sonntag hat EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu einem Sondertreffen einzelner EU-Staaten nach Brüssel eingeladen.

„Es geht um unglaublich viel“

CSU-Vizechef Manfred Weber, der zugleich der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament vorsteht, unterstrich in eindringlichen Worten die Bedeutung der anstehenden Gespräche. „Jeder muss wissen, dass es jetzt um unglaublich viel geht“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Wenn Europa keine Antwort auf die Flüchtlingsfrage gelingt, dann ist das eine größere Gefahr für die Zukunft Europas, als es die Euro-Krise war.“ Weber rief dazu auf, Merkel nun den Rücken zu stärken. „Wir haben höchstes Interesse an einer starken Kanzlerin, und sie hat meine Unterstützung“, sagte er.

Sollte Merkel aber nicht mit dem gewünschten Resultat aus Brüssel zurückkehren, drohen Webers Worten zufolge gravierende Konsequenzen. „Gäbe es kein ausreichendes Ergebnis, und würde Horst Seehofer damit nicht umhinkommen, Zurückweisungen von Flüchtlingen ohne Abstimmung mit unseren europäischen Partnern durchzuführen, dann wäre das ein schwerer Schlag – für das Schengen-Abkommen und für ganz Europa“, unterstrich er.

Auch EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani warnte die Mitgliedstaaten eindringlich vor Egoismus in der Flüchtlingspolitik. „Handelt jeder Mitgliedstaat nur nach eigenen Interessen, wird die Gemeinschaft auseinanderbrechen“, sagte Tajani den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zugleich forderte er CDU und CSU zur Verständigung bei dem Streitthema auf. Es könne nun nicht um nationale Lösungen gehen.