Die EZB hat die Leitzinsen am Donnerstag weiter erhöht. Welche Auswirkungen hat das für Verbraucher?
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag den Leitzins zum sechsten Mal in Folge auf jetzt 3,5 Prozent erhöht. Warum tut sie das, und welche Auswirkungen hat es? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Warum erhöht die EZB den Leitzins?
Seit Juli 2022 erhöht die EZB immer wieder den Leitzins. Eigentlich gibt es drei verschiedene Leitzinsen, aber mit „dem Leitzins“ ist in der Regel der Hauptrefinanzierungssatz gemeint. Zu diesem Satz können Kreditinstitute Geld bei der Zentralbank leihen. Die Leitzinsen sind ein wichtiges Instrument der europäischen Notenbank, um das Preisniveau in der Eurozone zu steuern und so den Wert des Euro stabil zu halten.
Durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine sind die Preise enorm gestiegen – vor allem Energie hat sich extrem verteuert, was Auswirkungen auf zahlreiche weitere Produkte hat. Im Februar betrug die Inflation im Euroraum 8,5 Prozent. Ziel der EZB ist den Stabilitätskriterien des Euro zufolge eine Teuerungsrate von etwa zwei Prozent. Deshalb hebt die EZB seit Juli 2022 den Leitzins stetig an – nachdem er seit März 2016 bei null Prozent gelegen hatte. Die Erhöhung von Donnerstag, den 16. März 2023, war die sechste in Folge.
Der Hauptrefinanzierungssatz liegt jetzt bei 3,5 Prozent. Der andere wichtige Zins, der zuletzt eine große Rolle gespielt hat, ist der Einlagenzins. Er fällt an, wenn Geschäftsbanken überschüssiges Geld über Nacht bei der Zentralbank parken. Ist er positiv, verdienen Banken damit Geld. Er lag seit 2019 im Minus und ist durch die Erhöhungen der EZB schrittweise auf jetzt 3,0 Prozent gestiegen.
Welche Auswirkungen hat das?
Wenn eine Notenbank den Leitzins erhöht, werden Kredite teurer. Das hat Auswirkungen auf Unternehmen und Verbraucher, denn wenn beide mehr Geld brauchen, um Kredite zu bedienen oder sich Kredite nicht leisten können, geben sie auch weniger aus. Gleichzeitig werden Geldanlagen wieder attraktiver, was die Menschen dazu bringt, wieder mehr anzulegen und weniger auszugeben. In der Folge geht die Nachfrage nach Waren zurück, was zu sinkenden Preisen oder zumindest zu weniger stark steigenden Preisen führt. Allerdings dauert es in der Regel ein paar Monate, bis die Zinserhöhung wirkt.
Welche Folgen hat die Leitzinserhöhung für Verbraucher bei Geldanlagen?
Die allermeisten Geldinstitute haben mittlerweile die Strafzinsen wieder abgeschafft. Infolge der negativen Einlagezinsen hatten einige Banken seit 2019 Negativzinsen eingeführt: Wer bei ihnen eine größere Geldsumme geparkt hatte, musste dafür Gebühren zahlen, statt Zinsen zu verdienen. Laut dem Vergleichsportal Verivox haben im Januar nur noch zwölf Banken Negativzinsen verlangt. Zudem wirft die Anlage von Geld auch wieder etwas Rendite ab: Für Festgeldanlagen beispielsweise zahlen laut der Online-Beratungsseite Finanztip etliche Banken – abhängig von der Laufzeit – wieder bis zu 3,5 Prozent Zinsen pro Jahr. Auf Tagesgeldkonten gibt es demnach bis zu 2,4 Prozent Zinsen jährlich.
Welche Folgen hat es für Kredite?
Während Geldanlagen durch Leitzinserhöhungen wieder attraktiver werden, verteuern sich Kredite. Bauzinsen mit zehn Jahren Zinsbindung zum Beispiel lagen im Januar laut der Deutschen Bundesbank bei durchschnittlich 3,51 Prozent. Für März gibt die Stiftung Warentest 3,86 Prozent an. Allerdings waren die Bauzinsen schon im Vorfeld der Leitzinserhöhungen seit Januar 2022 rasant gestiegen: Von weniger als einem Prozent Anfang 2022 auf in der Spitze 4,21 Prozent im November 2022. Seither hat das Zinsniveau laut Stiftung Warentest wieder etwas nachgegeben.
Werden sich Lebensversicherungen wieder mehr lohnen?
Hier kommt es sehr auf die Art der Altersvorsorge an. Wer auf Lebensversicherungen gesetzt hat, wird sich aber wohl noch gedulden müssen. „Ich würde in den nächsten drei bis fünf Jahren bei klassischen Kapitallebensversicherungen nicht mit einem Anstieg der laufenden Verzinsung rechnen“, sagte Herbert Schneidemann, Vorstandschef der Versicherungsgruppe die Bayerische und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung, bereits im Sommer 2022.
Wer eine Lebensversicherung abschließen möchte, wird nach Schneidemanns Ansicht noch eine ganze Zeit lang warten müssen, bis wieder höhere Garantiezinsen zu bekommen sind. Aktuell liegt der Höchstrechnungszins für Neuverträge bei 0,25 Prozent. „Ich glaube, dass es noch ein paar Jahre dauern wird, bis der Höchstrechnungszins wieder steigt – sofern sich das Zinsniveau weiter stabilisiert“, so Schneidemann.