Foto: Philippe Servent / Présidence de la République

Über die Nachfolge von Jean-Claude Juncker wird heute schon diskutiert. Als aussichtsreiche Kandidaten werden der Brexit-Unterhändler Michel Barnier und Irlands Regierungschef Leo Varadkar genannt.

Brüssel - Wer nach den nächsten Europawahlen im Herbst 2019 die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission antritt, das ist die spannendste Personalie, die gerade in Brüssel diskutiert wird. Früher haben die Staats- und Regierungschefs unter sich ausgekungelt, wer die mächtige Behörde mit 33 000 Beamten leiten darf, die Gesetzgebungsvorschläge ausarbeitet und über die Einhaltung der EU-Verträge wacht. Doch das EU-Parlament, das den Präsidenten wählt, hat sich beim letzten Mal ein entscheidendes Mitspracherecht erkämpft. Von nun an soll nur noch Kommissionspräsident werden, wer vorher für eine der europäischen Parteien als Spitzenkandidat in die Europawahlen gezogen ist.

Begeistert davon sind die „Chefs“ in den Hauptstädten nicht, allen voran Emmanuel Macron. Der französische Präsident stemmt sich nach wie vor dagegen, dass mit der Wahl der Parlaments auch der Kommissionspräsdent bestimmt wird. Das bekräftigte Macron gegenüber Manfred Weber, dem Vorsitzenden der europäischen Dachpartei der Christdemokraten EVP, bei einem Treffen am Freitag.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bessere Karten, ein entscheidendes Wort mitzureden, und zwar über die EVP. Sie stellt mit 219 von 751 Abgeordneten die größte Fraktion und dürfte auch im neuen Parlament stärkste Kraft bleiben. Gute Chancen, Spitzenkandidat der EVP zu werden, hat der Franzose Michel Barnier, der lange Kommissar war und jetzt eine gute Figur als Chefunterhändler der EU bei den Brexit-Verhandlungen spielt. Sein Manko: Er spricht nicht so gut Englisch, wie dies in dieser Position verlangt wird. Chancen bei der EVP werden auch dem irischen Regierungschef Leo Varadkar und dem Kroaten Andrej Plenkovic eingeräumt. Ambitionen werden zudem der Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nachgesagt. Nachdem sich andeutet, dass sie keine Chance auf die Nachfolge von Angela Merkel in der Union hat, orientiere sie sich nach Brüssel, heißt es. Beobachter halten es aber für unwahrscheinlich, dass eine Deutsche das Amt übernehmen wird. Merkel ist im Gremium der Staats- und Regierungschefs die wichtigste Politikerin. Da sei eine Deutsche an der Spitze der Kommission nicht vermittelbar. Dafür werden von der Leyen Chancen eingeräumt, nach 2019 die Nachfolge von EU-Kommissar Günther Oettinger anzutreten oder Nato-Generalsekretärin zu werden.

Bei den Sozialisten, die als zweitstärkste Kraft auch Chancen haben, den nächsten Kommissionspräsidenten zu stellen, läuft sich die Italienerin Federica Mogherini warm, derzeit die Außenbeauftragte der EU, sowie der Niederländer Frans Timmermans, der Vizekommissionspräsident.