Ungarns Premier Viktor Orbán demontiert seit Jahren die Demokratie im Land. Deshalb hat die EU Milliarden an Fördermitteln eingefroren. Foto: dpa/Georg Hochmuth

Budapest blockiert die Ukraine-Hilfe, weil Brüssel Fördergelder für Ungarn zurückhält. Nun erwägt die Kommission wohl nachzugeben. Europaparlamentarier sprechen von Erpressung.

Noch ist es ein Gerücht, doch das Europaparlament ist alarmiert. „Ursula von der Leyen bereitet die Freigabe der wegen Korruption eingefrorenen EU-Mittel an Ungarn vor, um Viktor Orbáns Budget-Unterstützung für die Ukraine zu erkaufen“, empört sich der FDP-Abgeordnete Moritz Körner. Sein Grünen-Kollege Daniel Freund legt nach: „Es ist absolut unanständig auch nur darüber nachzudenken, die Ukraine-Hilfen in irgendeiner Form mit den Rechtsstaatsverstößen Viktor Orbáns zu verknüpfen.“ Das sei ein großer Fehler, ist er überzeugt, „die EU macht sich damit erpressbar“.

In Ungarn wir die Demokratie ausgehöhlt

Die beiden Europaabgeordneten zählen zu den vehementesten Korruptionsbekämpfern. Seit Jahren setzen sie sich dafür ein, dass die Regierung Ungarns dafür bestraft wird, dass sie im Land das Justizsystem und den Rechtsstaat umbaut, die Medien gängelt und auf diese Weise die Demokratie aushöhlt. Nach jahrelangem Zögern hat Brüssel sich durchgerungen, den Druck auf Ungarn zu erhöhen. Zuletzt waren auch die Hinweise auf grassierende Korruption und den Missbrauch von EU-Mitteln so offensichtlich, dass sich die Europäische Kommission im vergangenen Dezember entschloss, die Auszahlung von fast 22 Milliarden Euro für Ungarn aus dem Strukturfonds einzufrieren.

Doch nun scheint Premier Viktor Orbán eine neue Möglichkeit gefunden zu haben, um seinerseits Druck auf Brüssel zu machen und doch noch an die von ihm dringend benötigten Gelder zu kommen. Wie die „Financial Times“ berichtet, will der Regierungschef der geplanten Erhöhung des EU-Haushaltes erst zustimmen, wenn im Gegenzug die Milliarden für Ungarn freigegeben werden. Aus diesem Grund erwäge die EU-Kommission bis Ende November zurückgehaltene Fördermittel von rund 13 Milliarden Euro auszuzahlen.

Orbán glaubt sich in einer starken Position

Orbán wähnt sich in einer starken Position, da mit dem erhöhten Haushalt auch die Finanzhilfe für die Ukraine sichergestellt werden soll. Das russlandfreundliche Ungarn blockiert bereits seit Monaten Gelder, die von der EU an Kiew fließen sollten. Schlechte Nachrichten kommen in diesem Fall auch aus den USA. Dort werden wegen eines innenpolitischen Streits in Washington Militärhilfen in Milliardenhöhe an die Ukraine nicht freigegeben. Das erhöht den Druck auf Brüssel, Kiew stärker unter die Arme zu greifen.

Moritz Körner betont, dass im EU-Haushalt genügend Geld da sei, um die Ukraine weiter in ihrem Kampf gegen den Aggressor Russland zu unterstützen. So könnten etwa ungenutzte Subventionsmittel umgeschichtet werden. Das sei besser, „als sich den Rechtsstaatsfeinden zu ergeben“, sagt der FDP-Politiker. Auch Daniel Freund fordert: „Es darf keinen dreckigen Deal mit Orbán geben. Die EU-Gelder dürfen erst freigegeben werden, wenn der Rechtsstaat in Ungarn wieder funktioniert und die Korruption aufhört.“ Es dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass sich „die Europäische Union von Orbán erpressen“ lasse.

Orbán bekommt Rückendeckung

Sorgen bereitet den Europaparlamentariern auch, dass Viktor Orbán in Zukunft bei seiner Blockadepolitik Unterstützung bekommen könnte. In der Slowakei hat der pro-russische Ex-Regierungschef Robert Fico die Parlamentswahl gewonnen. Beobachter gehen davon aus, dass das EU-und Nato-Mitglied Slowakei, bisher einer der großen Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland, unter der Führung Ficos eine Kehrtwende in der Außenpolitik vollführen und sich der Position Ungarns annähern wird.