Ukrainisches Getreide – in der EU gibt es Streit um Einfuhrbeschränkungen. Foto: dpa

Der Landwirtschaftsminister kritisiert die Einfuhrbeschränkungen einiger Länder für ukrainisches Getreide und betont, dass die Suche nach Kompromissen schwierig geworden ist.

In Europa wird wieder einmal um eine zukunftsfähige Reform der Landwirtschaft gerungen. Die EU solle sich beim notwendigen Umbau ein Beispiel an Baden-Württemberg nehmen, forderte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir am Montag am Rande eines Treffens mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Dort hätten sich alle betroffenen Seiten an einen Tisch gesetzt und miteinander diskutiert.

Herausgekommen ist das Biodiversitätsstärkungsgesetzes, das auf einem breiten Konsens beruht und die Rahmenbedingungen beim Umbau hin zu einer ökologischeren Landwirtschaft vorgibt. Konkret kritisiert wird von Özdemir die Ausarbeitung der EU-Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, die bei den Bauern für große Aufregung sorgt. Der deutsche Landwirtschaftsminister wünscht sich, dass „die EU-Kommission handwerklich etwas besser gearbeitet hätte“. Dadurch hätte in seinen Augen die Polarisierung vermieden werden können. Wichtig wäre gewesen, nicht übereinander, sondern miteinander zu reden. „Das ist keine Raketenwissenschaft, Baden-Württemberg macht vor, wie es geht,“ betont der gebürtige Schwabe süffisant in Richtung der Brüsseler Behörde.

Özdemirs Lob an die Bauernverbände

Özdemir räumt aber ein, dass die Suche nach Kompromissen in diesen Zeiten der Krisen schwieriger geworden sein. „Da hat sich etwas verändert in Europa“, erklärte Özdemir in Brüssel. Aber er betonte, dass über die zentralen Fragen innerhalb der Europäischen Union weiter Konsens herrsche. Dazu zählt der Grünen-Politiker etwa die wissenschaftliche Bewertung des menschengemachten Klimawandels oder die Notwendigkeit zum Schutz der Biodiversität. Und Özdemir ergänzte, das gelte auch für die Sicht auf den Krieg in der Ukraine, dessen Folgen auch für die Landwirte in Deutschland zu spüren sind.

Dieses deutliche Lob des Ministers an die Adresse der deutschen Bauernverbände hat einen konkreten Grund. Denn Polen, Ungarn und der Slowakei haben im Verlauf des Krieges Einfuhrbeschränkungen von ukrainischem Getreide erlassen. Die Regierungen wollen auf diese Weise ihre Landwirte vor einem befürchteten Preisverfall der eigenen Ernten schützen. „Das ist eine Teilzeit-Solidarität“, kritisierte Özdemir. Der einzige, dem das helfe, sei der russische Präsident Wladimir Putin. „Der reibt sich die Hände.“

Die Beschränkungen sind nach Ansicht von Bundesagrarminister Özdemir wohl auch nicht mit EU-Recht vereinbar. Das zu beurteilen sei allerdings die Aufgabe der EU-Kommission. Er sehe allerdings keinen Anlass für solche Maßnahmen, sagte der Grünen-Politiker in Brüssel. Nach seinen Informationen nehme der Markt das ukrainische Getreide gut auf.

Polen, Ungarn und die Slowakei im Alleingang

Die EU-Kommission hatte am Freitag mitgeteilt, die umstrittenen Handelsbeschränkungen für ukrainische Getreideprodukte auslaufen zu lassen. Damit stellte sich die Behörde gegen Forderungen aus EU-Staaten wie Polen und Ungarn. Als Reaktion hatten die beiden Staaten und die Slowakei angekündigt, die Maßnahmen auch ohne Zustimmung Brüssels aufrechtzuerhalten. Begründet wird dies erneut damit, einheimische Landwirte vor zu großer Konkurrenz durch deutlich gestiegene Einfuhren aus der Ukraine zu schützen.