Sind Swimmingpools ein Luxus in der Gaskrise? Foto: Getty/iStockphoto/Halfpoint

Die Ampelkoalition sucht fieberhaft nach Sparmöglichkeiten. Etwa ein Verbot für Swimmingpoolbeheizung. Ex-Minister Jürgen Trittin hat die Schneekanonen im Visier.

Die Debatte über längere Laufzeiten von Kernkraftwerken pausiert, alles hängt vom „Stresstest“ für den Weiterbetrieb ab, der im Wirtschaftsministerium angestrengt wird. Das werde noch „einige Zeit“ dauern, wie es dort heißt. Bis dahin wird verstärkt über Einsparungen diskutiert. Die EU-Energieminister haben sich darauf geeinigt, dass jeder Mitgliedstaat den Gasverbrauch um 15 Prozent reduzieren solle. „Wir können uns vorstellen, darüber noch hinauszugehen“, sagte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin. Experten gehen davon aus, dass der Verbrauch sogar um bis zu 20 Prozent sinken müsste, wenn Moskau noch weniger liefert.

 

Unternehmen müssen Pläne aufstellen

Dazu hat Habecks Ministerium nun eine Reihe von Vorschlägen gemacht – angefangen von der Absenkung der Mindesttemperatur in Mietwohnungen bis zu einer besseren Fernwärmeregulierung. Auch sollen Unternehmen für zwei Jahre zu einem Energiemanagementplan verpflichtet werden. Parallel dazu hat das Ministerium eine 80 Millionen Euro teure Kampagne aufgelegt, um den Bürgern Tipps fürs Energie- und Gassparen zu geben. Und: Die Beheizung von Swimmingpools soll unterbunden werden.

Der ehemalige Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat in unserer Zeitung zudem gefordert, im Winter keine Schneekanonen mehr anzustellen. In den bayerischen Skigebieten stößt der Vorschlag allerdings auf wenig Gegenliebe. „Wenn wir nicht beschneien, können wir auch gleich zusperren“, sagt Egid Stadler. Er ist Geschäftsführer des Skigebiets Sudelfeld, einem der größten zusammenhängenden Gebiete in Deutschland. Wäre dieses geschlossen, leide die ganze Region darunter, sagt Stadler. Für die Gegend sei der Skitourismus systemrelevant.

Skigebietsbetreiber protestieren

Der Energieverbrauch der Schneekanonen sei zwar hoch, aber relativ zu sehen: Tatsächlich werde nur für kurze Zeit im November beschneit, die moderne Anlage arbeite ohnehin äußerst sparsam. Eine Option sei, auf die Nachbeschneiung einiger Stellen im Januar zu verzichten. „Aber das sind nur ein oder zwei Nächte, das würde nicht viel einsparen. Und die Grundbeschneiung im November brauchen wir.“

So ist es praktisch in jeder Branche – alle erklären sich für systemrelevant, weil ein Ausfall weitergehende Folgen hätte. Die deutsche Stahlindustrie, die stark auf Erdgas angewiesen ist, sieht sich inzwischen schon am Limit. „Mehr an Einsparung geht nicht mehr, wenn die Anlagen weiterlaufen sollen“, sagt Marvin Bender, Sprecher der Wirtschaftsvereinigung Stahl. „Ein Stopp hätte gravierende Auswirkungen auf die stahlbasierten Lieferketten.“ Etwa 14 Prozent des Gasverbrauchs habe die Industrie bereits eingespart, die aber mit Produktionseinschränkungen verbunden seien. Um diese bereinigt, sollen es um neun Prozent sein.

Die Industrie ist am Limit

Die Firmen betonen, sie würden ohnehin an der Klimaneutralität arbeiten, aber kurzfristig lasse sich nicht mehr machen. „Wenn es eine Rationierung gibt, braucht die Stahlindustrie ausreichend Vorlaufzeit, sonst drohen Anlagenschäden“, sagt Bender. „So wie es notwendig ist, die Wärmeversorgung der Haushalte aufrechtzuerhalten, benötigt auch die Industrie ausreichend Erdgas, um die industrielle Wertschöpfung in Deutschland und Arbeitsplätze zu sichern.“

So versucht das Wirtschaftsministerium, den Gasverbrauch auf anderem Wege zu reduzieren. Etwa sollen alle Gaskraftwerke, die nicht „systemrelevant“ sind, keinen Strom mehr produzieren. Nur wenn diese „hocheffizient“, so ein Sprecher Habecks, also Wärme und Strom gleichermaßen produzieren, sollen sie am Netz bleiben. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte indes an, bald Vorschläge zu Entlastungen der Bürger vorzulegen, wie sein Sprecher erklärt. Momentan werde in der Ampelregierung noch über die Details diskutiert.