Ex-Ministerpräsident Teufel gratuliert seinem Nachfolger Oettinger 2013 zum 60. Geburtstag Foto: dpa

Die CDU will bei der Landtagswahl im März zurück an die Macht. Dafür kämpft sie, investiert über zwei Millionen Euro in den Wahlkampf – und zieht nun auch personell alle Register. Am Sonntag treten zwei alte Widersacher zum Wohle der Partei erstmals seit langem gemeinsam auf.

Stuttgart - Die Einladung zu diesem Termin klingt unspektakulär. Sonntag, 10. Januar, 15 Uhr, Weinstadt im Rems-Murr-Kreis, die CDU bittet zum „Politischen Jahresauftakt“, wie es heißt. Aber neun Wochen vor der Landtagswahl lohnt sich dann doch ein genaueres Hinschauen. Und siehe da: Am Sonntagnachmittag wird es bei Kaffee, Kuchen und kämpferischen Reden zu einer Begegnung kommen, die Seltenheitswert hat: Die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel und Günther Oettinger treten gemeinsam auf. Nicht für sich, sondern um für Spitzenkandidat Guido Wolf zu trommeln.

Nun gut, vor ein paar Wochen beim CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe waren beide da, wurden höflich begrüßt. Der eine Alt-Ministerpräsident – nämlich Teufel (76) – schüttelte viele Hände, seine Sicht auf die Entwicklung der EU wird noch immer überall geschätzt. Der andere Alt-Ministerpräsident – nämlich Oettinger (62) – warb in seiner Funktion als EU-Kommissar für das Thema Digitalisierung. Das war’s dann aber auch. Gemeinsame Auftritte, gar Fototermine? Nichts dergleichen.

Im Angesicht der nahenden Landtagswahl ändert sich das nun, zumal die Forsa-Umfrage kurz vor Weihnachten für die Partei und ihren Vormann Wolf mit deutlich unter 40 Prozent sehr bescheiden war. Und so entstand irgendwann in den vergangenen Wochen die Idee, einen gemeinsamen Auftritt zu organisieren. Frei nach dem Motto: Liebe Bürger, seht her, wir sind geschlossen, in der Südwest-CDU gibt es keine Lager mehr. Wahlkampfmanager Thorsten Frei umschreibt das so: „Wir stehen in großer Einigkeit hinter dem Spitzenkandidaten.“

Interne Unruhen ist die Landes-CDU schon gewohnt

Ist das wirklich so? Fakt ist: Seit 2004 flammen die internen Unruhen immer wieder auf. Damals hatte Regierungschef Teufel nach einer wochenlangen von Intrigen geprägten Nachfolgedebatte um seine Person und einem wachsenden Druck der Oettinger-Getreuen seinen Rückzug angekündigt. Die Partei glich einem Vulkan, der nach Jahren trügerischer, regierungstreuer Ruhe gleich zwei Ausbruchsstellen hat. Hier Teufel mit Anhängern wie Stefan Mappus, Helmut Rau, Annette Schavan, Volker Kauder, die allesamt für ein sehr bodenständiges Bild der Partei standen. Dort Oettinger, der Parteifreunde wie Thomas Strobl, Willi Stächele, Peter Hauk und Andres Renner hinter sich wusste mit dem Ziel, der CDU ein moderneres, entstaubtes Image zu verpassen.

Dass es schließlich Teufels Staatsminister Christoph Palmer war, der genervt ob der verbalen Attacken auf den Ministerpräsidenten seinem Parteifreund und Oettinger-Kumpel Christian Pfeiffer eine Ohrfeige verpasste und damit seine eigene Demission besiegelte sowie Teufels Abgang gleich mit einleitete, ist zwar längst Geschichte, aber nicht vergessen. Denn Teufel wollte es seinerzeit nicht akzeptieren, gehen zu müssen, verwies auf seine guten Umfragewerte und glaubte fest daran, unter seiner Regie bei der Landtagswahl 2006 die absolute Mehrheit für die CDU holen zu können. Seine Botschaft damals: Mit 65 muss man als Ministerpräsident noch nicht gehen. Zum Vergleich: Der amtierende Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) ist 67.

Und so versuchte Teufel damals zumindest, nach 14 Jahren im Amt einen Teil seines Erbes zu retten, indem er Kultusministerin Annette Schavan gegen Oettinger in die interne Mitgliederbefragung schickte. Ein nie da gewesener, auch schmutziger interner Wahlkampf begann, freilich mit einem klaren Ergebnis: 60 Prozent der CDU-Mitglieder wollten den bisherigen Landtagsfraktionschef Oettinger als neuen Ministerpräsidenten, für Schavan stimmten nur knapp 40 Prozent. Wenige Monate später, im Frühjahr 2005, war Oettinger am Ziel und wurde im Landtag zum neuen Regierungschef gewählt.

Ein Schulterschluss im Dienst der Sache

Damals wie heute war der Appell der Parteiführung: Nur mit Geschlossenheit kommt man ans Ziel. Sprich an die Fleischtöpfe der Macht. Wahlkampfmanager Frei ist zufrieden mit dem aktuellen Erscheinungsbild der Landes-CDU. „Der Mitgliederentscheid im letzten Jahr hat gezeigt, dass wir schwierige Personalentscheidungen treffen können.“ Zur Erinnerung: In der Frage, wer Spitzenkandidat für die Wahl 2016 wird, hatte sich Landtagspräsident Guido Wolf für viele überraschend gegen Parteichef Strobl durchgesetzt. Das Problem: Wolf tourt zwar seit Monaten pausenlos übers Land, aber viele Bürger werden mit ihm nicht warm.

Da könnte der Termin am Sonntag ganz gelegen kommen, eine Art Schulterschluss im Dienst der Sache. Der bodenständige ehemalige Bürgermeister Teufel, der weit gereiste Jurist Oettinger, dazu Spitzenkandidat Wolf. Frei versichert, bei dem gemeinsamen Auftritt sei „nichts Gespieltes“, Teufel und Oettinger hätten ein „aufgeräumtes Verhältnis“. Wolf dürfte es freuen. Er benötigt nun jede Form der Unterstützung aus seiner Partei, wenn es am 13. März zum Sieg reichen soll.