Manche Berufskrankheiten haben Ähnlichkeit mit einem banalen Atemwegsinfekt – zum Beispiel die sogenannte Staublunge. Foto: Huza - Fotolia

Manche Berufe bringen gesundheitliche Risiken mit sich – und damit einhergehend typische Berufskrankheiten. Doch wann ist eine Erkrankung auch wirklich eine Berufskrankheit?

Stuttgart - Husten und ein rauer Hals: Von Zeit zu Zeit erwischt es einen. Doch manchmal steckt hinter den Beschwerden kein banaler Atemwegsinfekt: Es könnte auch der Beruf sein, der krank macht. Ein trauriger Klassiker in dieser Hinsicht ist die sogenannte Staublunge, die sich auch in Erkältungssymptomen wie Husten und Atemnot äußern kann. Denn viele Berufsgruppen, gerade im Bauhandwerk, sind schädlichem Staub ausgesetzt.

 

Manche Berufe bringen gesundheitliche Risiken mit sich – und damit einhergehend typische Berufskrankheiten. Doch wann eine Erkrankung wirklich eine Berufskrankheit ist, ist oft gar nicht so leicht herauszufinden. Das Bundesarbeitsministerium definiert Berufskrankheiten als „Erkrankungen, die Versicherte durch ihre berufliche Tätigkeit erleiden und die in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) aufgeführt sind“. Aktuell sind dort 77 Erkrankungen gelistet.

Ursache dafür können verschiedenste gesundheitsschädliche Einwirkungen sein. Insbesondere kommen bestimmte Chemikalien, physikalische Einwirkungen wie Druck, Vibrationen oder das Tragen schwerer Lasten und Arbeiten unter Lärm oder Staub in Betracht. Nicht jede Erkrankung wird aber als Berufskrankheit anerkannt: In Frage kommen nur solche Erkrankungen, die nach medizinischen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht werden – diesen müssen die Betroffenen durch ihre Arbeit in höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sein.

Zu über 90 Prozent sind Männer betroffen

Von Berufskrankheiten sind zu über 90 Prozent Männer betroffen – aus einem einfachen Grund: „Gefährliche und gesundheitsschädliche Verrichtungen werden in aller Regel von den Männern verrichtet“, sagt Karl Simon von der IKK classic. Besteht ein Verdacht auf eine Berufskrankheit, muss dieser sofort an den Unfallversicherungsträger gemeldet werden. Sowohl Arbeitgeber als auch Ärzte und Krankenkassen sind zur Meldung verpflichtet. Auch der Betroffene selbst kann die Unfallkasse anschreiben.

„Besteht ein Versicherungsschutz, haben Betroffene Anspruch auf Entschädigung durch die gesetzliche Unfallversicherung“, erläutert Karl Simon. Um festzustellen, ob ein Anspruch besteht, untersucht der Unfallversicherungsträger die Kranken- und Arbeitsgeschichte sowie den aktuellen Arbeitsplatz, um die Belastung vor Ort zu klären.

Danach wird geklärt, ob die Erkrankung wirklich durch die Arbeit verursacht wurde, wozu oft ein Gutachten eines unabhängigen Facharztes eingeholt wird. Der Betroffene kann dabei aus drei vorgeschlagenen Gutachtern auswählen. Nur wenn das Verfahren ergibt, dass es sich um eine Berufskrankheit handelt, gibt es Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese reichen von verschiedenen Behandlungsmaßnahmen über die berufliche Wiedereingliederung bis zur Rentenzahlung; wenn nach der Rehabilitation körperliche Beeinträchtigungen bleiben und die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 Prozent gemindert ist.

Hürden für eine Anerkennung als Berufskrankheit sind hoch

In der Praxis sind die Hürden für eine Anerkennung als Berufskrankheit hoch: Von gut 75 000 Verdachtsfällen wurden 2014 nur knapp 17 000 anerkannt. Und nur in rund 8000 Fällen wurde auch eine Entschädigung an die Betroffenen gezahlt.

Einer der Gründe für die geringe Anerkennungsquote ist, dass zwischen Auslöser und Ausbruch einer Berufskrankheit oft Jahre oder Jahrzehnte liegen – etwa bei Asbest. Viele, die in den 1960er- und 70er-Jahren mit der giftigen Faser gearbeitet haben, erkranken irgendwann an Krebs. Weltweit sterben jedes Jahr rund 100 000 Menschen an den Folgen von Asbest. Um Anerkennung als Berufserkrankung kämpfen viele jedoch vergeblich. Denn sie müssen nachweisen, dass sie vor 30 oder 40 Jahren wirklich damit gearbeitet haben.

Die Arbeits- und Sozialminister der Länder und die Mitgliederversammlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung haben Ende 2016 einen Vorstoß unternommen, um das Berufskrankheitenrecht zu Gunsten der Betroffenen zu reformieren. Unter anderem sollen die Nachweise erleichtert werden, indem die Daten von vergleichbaren Fällen herangezogen werden können. Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, wertet die Vorschläge als wichtiges Signal an die Bundesregierung: „Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Bundesländer sind sich einig: Sie wollen die Situation der Menschen verbessern, die durch ihre Arbeit krank geworden sind.“ Die Bundesregierung müsse die Reform zügig auf den Weg bringen.

Eine weitere Hürde auf dem Weg zur Anerkennung als Berufskrankheit ist der sogenannte Unterlassungszwang: Betroffene müssen alle Tätigkeiten sofort aufgeben, die mit der Erkrankung in Verbindung stehen könnten. Wirtschaftlich können sich das viele aber schlicht nicht leisten. Auch diese Regelung soll im Zuge der Reform gestrichen werden.

So wichtig ist die Berufsunfähigkeitsversicherung

So wichtig ist die Berufsunfähigkeitsversicherung

Statistik Das Risiko, berufsunfähig zu werden – nicht nur aufgrund einer Berufskrankheit – wird massiv unterschätzt: Dieses Schicksal trifft viele Menschen. Laut Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wird statistisch gesehen derzeit jeder vierte Arbeitnehmer vor dem Erreichen des Rentenalters berufsunfähig.

Lebensstandard Wenn das Einkommen wegfällt, reicht die staatliche Erwerbsminderungsrente vorne und hinten nicht – der bisherige Lebensstandard lässt sich damit nicht halten. Sie liegt nämlich oft noch unter einem Drittel des letzten regulären Monatsgehalts. So bezogen 2015 knapp 1,8 Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente. Im Durchschnitt bekamen sie 731 Euro im Monat. Dieses finanzielle Risiko lässt sich mittels einer Berufsunfähigkeitsversicherung absichern. Diese zahlt im Fall der Fälle eine monatliche Rente bis zum vereinbarten Ablauftermin, der idealerweise dem Renteneintritt entspricht. Assekuranz und Verbraucherschützer sind sich daher einig, dass jeder im arbeitsfähigen Alter eine solche Police abschließen sollte.