Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r.-l.), Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) und Christian Lindner (FDP) – der Streit über die Wirtschaftspolitik spitzt sich noch weiter zu (Archivfoto). Foto: Christoph Soeder/dpa/Christoph Soeder

Der Streit in der Regierung über Maßnahmen zur Belebung der deutschen Wirtschaft spitzt sich zu: FDP-Generalsekretär Djir-Sarai forderte eine klare Positionierung von Kanzler Scholz und schloss ein Scheitern der Ampel-Koalition nicht aus.

Der Streit innerhalb der Bundesregierung über Maßnahmen zur Belebung der deutschen Wirtschaft spitzt sich weiter zu: FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte am Freitag eine klare Positionierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und schloss auch ein Scheitern der Ampel-Koalition an der Frage nicht aus. Führende Ökonomen forderten die Bundesregierung auf, ihre Differenzen zu überwinden, um die Wirtschaft nicht weiter zu verunsichern. 

„Ich finde, in so einer Situation müsste ein Bundeskanzler sehr klar sich positionieren und auch sagen, wohin aus seiner Sicht die Reise gehen muss“, sagte Djir-Sarai im ARD-“Morgenmagazin“. Die Debatte um die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland sei „von zentraler Bedeutung für unser Land.“

Die Frage, ob die „Ampel“ die Gegensätze bei den Positionen von Liberalen und Grünen über den Kurs in der Wirtschaftspolitik durchhalte oder daran scheitere wie die sozialliberale Koalition 1982, sei berechtigt, sagte Djir-Sarai weiter. „Das wird jetzt davon abhängigen, welche Lösungen letztendlich diese Koalition präsentieren wird“ und ob ein „gemeinsames Verständnis“ mit den richtigen Schlussfolgerungen möglich sei.

Zwölf-Punkte-Plan zur Belebung der Konjunktur

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) streiten schon seit Wochen über den richtigen Weg, die lahmende deutsche Konjunktur anzuschieben. Habeck sprach sich für eine Reform der Unternehmenssteuer aus und will dies mit neuen Schulden finanzieren. Finanzminister Lindner lehnt dies strikt ab und forderte die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, den auch Unternehmen bezahlen. Dies sieht wiederum die SPD kritisch.

In der Debatte hatte die Unions-Bundestagsfraktion in der vergangenen Woche einen Zwölf-Punkte-Plan zur Belebung der Konjunktur vorgelegt. Dieses Maßnahmenpaket würde den Staat einem Medienbericht zufolge mehr als 40 Milliarden Euro jährlich kosten. Das ergebe sich aus internen Berechnungen des Bundesfinanzministeriums, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Freitag.

Die Union forderte Scholz nun zu einem Wirtschaftsgipfel auf. „Die Wirtschaft bricht ein und die ‚Ampel’ zaudert“, sagte Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) dem „Tagesspiegel“ (Freitagsausgabe). „Jede verlorene Woche kostet Wohlstand.“ Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz steht am 7. März an. Dort könnte auch die Lage der Wirtschaft ein Schwerpunkt werden. 

Streitigkeiten in der Ampel-Koalition einer der Gründe für die Wirtschaftslage

Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil forderte die Bundesregierung zu raschen Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik auf. „Es gibt enorme Herausforderungen in vielen Bereichen, die Zeit drängt, es muss etwas geschehen“, sagte er dem „Tagesspiegel“ vom Freitag. In der Analyse der Probleme seien sich alle Ampel-Parteien und auch die oppositionelle Union einig. „Es reicht aber nicht aus, die Probleme nur zu benennen, sie müssen auch angepackt und gelöst werden.“

Die Streitigkeiten in der Ampel-Koalition sind nach Ansicht führender deutsche Ökonomen einer der Gründe für die schlechte Wirtschaftslage. Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte dem „Tagesspiegel“ vom Freitag: „Die Politikunsicherheit in Deutschland ist derzeit so hoch wie in Großbritannien im Jahr des Brexit.“ Fuest sprach sich zudem für Steuersenkungen für Unternehmen, mehr Investitionen und Bürokratieabbau aus.

Der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, forderte angesichts der lahmenden Wirtschaft Regierung und Opposition zu mehr Zusammenarbeit auf. „Es sollte ein Kompromiss mit der Opposition gesucht werden,“ die „wohl das gleiche Ziel“ verfolge, sagte er dem „Tagesspiegel“.