Reisende gehen auf dem Flughafen Berlin Brandenburg BER „Willy Brandt“ am ersten Sommerferientag in Berlin und Brandenburg durch Terminal 1. Foto: dpa/Soeren Stache

Sommer ist Reisezeit. Urlaub, Sonne, Strand – endlich Ferien. Für viele ist es die schönste Zeit des Jahres. Doch weil vielen Deutsche das Geld fehlt, können sie nicht verreisen – nicht mal eine Woche.

Mehr als jeder fünfte Deutsche kann es sich nicht leisten, auch nur eine Woche im Jahr in den Urlaub zu fahren. Das geht aus aktuellen Daten des Statistikamtes der Europäischen Union (Eurostat) hervor, welche die Linksfraktion im Bundestag erfragt hat und aus denen die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) am Sonntag (16. Juli) zitieren.

Wie viele Deutschen können sich einen Urlaub nicht leisten?

Demnach hatten im vergangenen Jahr 21,9 Prozent der Bevölkerung zu wenig Geld, um sich eine einwöchige Urlaubsreise leisten zu können. Wie die Daten zeigen, ist dieser Wert gegenüber 2021 angestiegen. Damals waren es zwei Prozentpunkte weniger (19,9 Prozent).

Am häufigsten trifft es den Daten zufolge Alleinerziehende. In der Kategorie „Alleinstehende Person mit abhängigen Kindern“ sind demnach 42 Prozent nicht in der Lage, eine Woche in den Urlaub zu fahren. Auch insgesamt sind Haushalte mit Kindern häufiger betroffen (23,4 Prozent) als Haushalte ohne Kinder (20,7 Prozent).

Aber auch Rentner sind betroffen. In der Kategorie „Ein Erwachsener 65 Jahre und mehr“ konnten sich den Angaben zufolge im vergangenen Jahr 28,7 Prozent keine Woche Urlaub leisten. Im Jahr zuvor waren es 27,3 Prozent.

Linke fordert „Urlaub für alle“

Die Linke fordere „Urlaub für alle“, betont der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch. „Dafür braucht es höhere Löhne, auskömmliche Renten, eine konsequente Anti-Inflationspolitik und eine armutsfeste Kindergrundsicherung in Deutschland.“

Wie groß ist die Armut in Deutschland?

In Deutschland waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) in Wiesbaden im vergangenen Jahr rund 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das entsprach etwa einem Fünftel (20,9 Prozent) der Bevölkerung.

Im Vorjahresvergleich blieben die Zahlen nahezu unverändert. So lag der Anteil im Jahr 2021 bei 21 Prozent. Die Statistiker bezogen sich bei ihren Daten auf erste Ergebnisse der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC).

Ab wann ist man armutsgefährdet?

Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil derjenigen an, deren verfügbares Einkommen unter Einbeziehung möglicher Sozialleistungen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung liegt. 2022 lag dieser Wert beispielsweise für Alleinlebende hierzulande bei 1250 Euro netto im Monat.

Konkret waren 2022 etwa 12,2 Millionen Menschen (14,7 Prozent) armutsgefährdet. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 hatte die Armutsgefährdungsquote 16 Prozent betragen.

Welche Grade von Armut werden unterschieden?

Erhebliche materielle und soziale Entbehrung: Den Daten zufolge waren 5,1 Millionen Menschen (6,1 Prozent) 2023 von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen (2021: 4,3 Prozent).

„Das bedeutet, dass ihre Lebensbedingungen aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln deutlich eingeschränkt waren», erklären die Destatis-Statistiker. So seien sie beispielsweise nicht in der Lage, Rechnungen für Miete oder Hypotheken zu zahlen, eine Woche in den Urlaub zu fahren, abgewohnte Möbel zu ersetzen oder einmal im Monat im Freundeskreis oder mit der Familie etwas essen oder trinken zu gehen.

Sehr niedrige Erwerbsbeteiligung: Etwa 9,7 Prozent der Bevölkerung unter 65 Jahren oder 6,1 Millionen Menschen in Deutschland lebten 2022 in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung (2021: 9,5 Prozent).

„Das heißt, die Haushaltsmitglieder waren insgesamt sehr wenig oder nicht in den Arbeitsmarkt eingebunden“, heißt es seitens des Bundesamtes.