Megalithen aus dem Mittelneolithikum (ca. 3200 v. C.) liegen im Grabungsfeld bei archäologischen Ausgrabungen zweier unbekannter Großsteingräber. Foto: dpa/Christian Charisius

In Norddeutschland zeugen bis heute zahlreiche Megalitgräber von der Bestattungskultur in der Steinzeit. Nun haben Archäologen im nordfriesischen Hattstedt die Überreste von zwei 5500 alten Großsteingrabstätten entdeckt. Laut archäologischem Landesamt handelt es sich dabei um eine sehr seltene Entdeckung.

Archäologen haben bei Untersuchungen vor einer geplanten Wohngebietserweiterung in Hattstedt im Kreis Nordfriesland zwei bisher unbekannte Großsteingräber aus der Jungsteinzeit entdeckt.

Megalithgräbern zum größten Teil zerstört

Die Megalithgräber seien in der Vergangenheit bereits zerstört worden, hat das Archäologische Landesamt jetzt mitgeteilt. So wurden unter anderem Steine abtransportiert beziehungsweise vor Ort zerkleinert, um einen leichteren Abtransport zu gewährleisten.

Lange Zeit führte der Bau von Gebäuden, Straßen oder Brücken zur Zerstörung von Großsteingräbern, da sie immer genügend Baumaterial lieferten, wie Stefanie Klooß vom Archäologischen Landesamt erklärt. Zudem wurden im 19. und 20. Jahrhundert größere Steine auch im Erdreich vergraben, um die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen zu verbessern.

Der Bürgermeister der Gemeinde, Ralf Jacobsen, will die großen Steine auf jeden Fall gerne in der Gemeinde behalten und aufstellen. Zudem könne er sich vorstellen, nahe der Fundstelle anhand von Informationstafeln oder ähnlichem auf die Funde hinzuweisen.

Blick auf ein Grabungsfeld bei archäologischen Ausgrabungen zweier unbekannter Großsteingräber neben einem Neubauviertel im schleswig-holsteinischen Hattstedt. Foto: dpa/Christian Charisius
Zwei Grabungshelfer bei archäologischen Ausgrabungen zweier unbekannter Großsteingräber. Foto: dpa/Christian Charisius
Lorenz Harten, Archäologe beim Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein, zeigt dünnnackige Feuersteinbeile aus dem Mittelneolithikum bei archäologischen Ausgrabungen zweier unbekannter Großsteingräber. Foto: dpa/Christian Charisius

Gräber aus der Trichterbecher-Kultur

In Hattstedt wurden neben den Überresten der Gräber auch ein zerdrücktes, aber vollständig erhaltenes Gefäße aus der Jungsteinzeit, der sogenannten Trichterbecherkultur, entdeckt. Dieses wird derzeit im Archäologischen Landesmuseum in Schloss Gottorf, Schleswig, restauriert.

Auch Steinbeile und weitere Keramikscherben wurden gefunden. Voraussichtlich noch bis Mitte Juni werden die Archäologen die Fläche weiter untersuchen. Anschließend soll das Gebiet wie geplant bebaut werden.

  • Info: Als Trichterbecher-Kultur wird die erste durch Ackerbau geprägte Kultur des nordischen Frühneolithikums bezeichnet. Sie erstreckte sich in der Zeit zwischen 4000 und 2700 v. Chr. von den Niederlanden bis zur westlichen Ukraine und erhielt ihren Namen wegen der für diese jungsteinzeitliche Epoche charakteristischen Tongefäßform - den Trichterbechern.

Hinterlassenschaften aus dem Neolithikum

Großsteingräber, auch Megalithgräber genannt, sind die häufigsten Hinterlassenschaften der Menschen der Jungsteinzeit – dem sogenannten Neolithikum. Noch heute prägen diese imposanten Grabmale die Landschaft des Nordens.

Von den ehemals mehr als 3000 Gräbern in Schleswig-Holstein ist der größte Teil allerdings in den vergangenen Jahrhunderten zerstört worden. Erhalten seien rund 120, die unter Denkmalschutz stehen, wie Grabungsleiter Lorenz Harten erläutert.

Erbauer waren die ersten sesshaften Bauern im Norden

Bei den Großsteingräbern werden nach Angaben des Landesamtes verschiedene Typen unterschieden, die in ihrer Bauweise variieren. Sie können von einem runden oder einem lang gestreckten Hügel umgeben sein. Die Erbauer solcher Großsteingräber waren die erste sesshafte bäuerliche Bevölkerung der Region. Sie betrieben Ackerbau und Viehzucht.

Die ältesten Bestattungen in Großsteingräbern wurden den Angaben zufolge in der Bretagne und auf der Iberischen Halbinsel nachgewiesen, sie reichen bis in das 5. Jahrtausend vor Christus. Erst in der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. setzte sich diese Sitte in Norddeutschland durch.

Info: Epochen der Steinzeit

Steinzeit
Die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte ist durch den Gebrauch von Steinwerkzeugen gekennzeichnet, die bereits von frühen Vertretern der Gattung „Homo“, dem „Homo habilis“ und „Homo erectus“ hergestellt wurden. Die Steinzeit begann vor 2,6 Millionen Jahren in Afrika und in Europa vor 1,1 Millionen Jahren und endete vor 2200 v. Chr.. Die Steinzeit wird in drei große Perioden unterteilt:

Altsteinzeit
Die Altsteinzeit (Paläolithikum) beginnt mit dem Altpaläolithikum (vor 2,6 Millionen bis 300 000 Jahren), gefolgt vom Mittelpaläolithikum (vor 300 000 bis 40 000 Jahren) und endet mit dem Jungpaläolithikum (vor 40 000 bis 10 000 Jahren). Die Menschen waren Jäger und Sammler, zusammengesetzte Jagdwaffen aus Holz und Stein und das Feuer waren ihnen bekannt.

Mittel- und Jungsteinzeit
Mit dem Ende der Eiszeit beginnt in Europa die Mittelsteinzeit (Mesolithikum, 9600-4500 v. Chr.). Der Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zu Ackerbau und Viehzucht markiert den Beginn der Jungsteinzeit (Neolithikum, deshalb auch Neolithische Revolution genannt). In Mitteleuropa beginnt sie um 5600 bis 4900 v. Chr. und endet um rund 2150 v. Chr..

Kupfer- und Bronzezeit
Das Ende der Steinzeit wird eingeläutet durch den in Ägypten, Südosteuropa und Vorderasien aufkommenden Kupferbergbau und die ersten Techniken der Metallurgie (sogenannte Kupferzeit). Der bekannteste Mensch der Kupferzeit ist der als Kältemumie erhaltene Ötzi (um 3300 v. Chr.). Mit der Bronzezeit, in der Metallgegenstände vornehmlich aus Bronze (einer Legierung von Kupfer und Zinn) hergestellt werden, endet endgültig die Steinzeit.