Der Bootsausflug an Pfingstmontag wurde nun vom Stuttgarter Amtsgericht als Verstoß gegen die seinerzeit geltende Coronaverordnung bewertet. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die verbotene Bootstour mit Promis hat ein Nachspiel: Das Amtsgericht hat gegen Neckar-Käpt’n Jens Caspar ein Bußgeld verhängt. Ein weiteres Verfahren wegen einer Floßfahrt steht noch aus.

Stuttgart - Der Geschäftsführer und Mitinhaber der Neckarpersonenschifffahrtsgesellschaft Berta Epple, Jens Caspar, ist vor dem Amtsgericht Stuttgart zu einer Geldbuße von 500 Euro verurteilt worden. Einzelrichterin Christina Marquardt sah es als erwiesen an, dass Caspar am Pfingstmontag bei einer Bootsfahrt mit geladenen Gästen gegen die seinerzeit geltende Coronaverordnung „schuldhaft“ verstoßen habe. Diese habe private Veranstaltungen wie die als Marketing-Veranstaltung und VIP-Empfang deklarierte Schifffahrt mit mehr als zehn Personen an Bord ausdrücklich untersagt. Zudem habe Caspar wie andere Teilnehmer der Tour ausweislich diverser Fotos in den sozialen Medien die geltende Abstandspflicht nicht eingehalten.

Der Urteilsspruch kam überraschend, nachdem zuvor sowohl der Verteidiger Caspars, Axel Sauer, als auch die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädiert hatten. Zunächst war am zweiten Verhandlungstag der Mitinhaber von Caspars Gesellschaft, ein Rechtsanwalt mit Spezialgebiet Steuerrecht und Compliance, als Zeuge vernommen worden. Er hatte angegeben, dem Neckar-Käpt’n unter Verweis auf die Coronaverordnung des Landes die rechtliche Unbedenklichkeit der Bootstour bescheinigt zu haben.

Richterin: Beschuldigter hat die Augen vor den geltenden Regeln verschlossen

Nach seiner Interpretation der damaligen Rechtslage habe es sich dabei um eine „geschäftliche, nicht verbotene Veranstaltung“ gehandelt. „Der Sinn der Verordnung war es doch, Freiräume zu eröffnen, damit die Wirtschaft wieder anläuft“, erklärte der Zeuge. Für Caspars Anwalt war der Fall klar: Sein Mandant habe sich auf die juristische Einschätzung verlassen, wonach zu diesem Zeitpunkt die Fahrgastschifffahrt wieder zugelassen sei: „Warum sollte er es besser wissen als promovierte Volljuristen?“ Die Zeugenaussage entlastete Caspar auch in den Augen der Staatsanwaltschaft. Zwar hielt sie den Vorwurf aufrecht, es habe sich um eine seinerzeit unerlaubte Veranstaltung mit mehr als zehn Personen „im privaten Raum“ gehandelt. Allerdings habe sich Caspar auf die juristische Beratung seines Geschäftspartners und Mitveranstalters verlassen. Somit liege ein sogenannter „nicht vermeidbarer Verbotsirrtum“ vor.

Das sah die Richterin anders. Es sei Caspar als Geschäftsmann durchaus zumutbar gewesen, selbst in die gültige Coronaverordnung zu schauen, was er aber nach eigener Aussage nicht getan habe. Und es habe keine „unabhängige“ juristische Beratung stattgefunden, da der Zeuge Mitgesellschafter und -veranstalter der Bootstour war: „Sie haben die Augen vor den geltenden Regeln verschlossen zu einer Zeit, als Hochzeiten und Familienfeste abgesagt wurden.“

Neckarkäpt’n Jens Caspar sieht sich als Opfer „irrationaler Angriffe“ durch die Stadt

Für bundesweite Aufmerksamkeit hatte der Fall gesorgt, weil sich bei dem Bootsausflug unter anderem auch der damalige OB-Kandidat und frisch gewählte Stuttgarter Rathauschef Frank Nopper (CDU) nebst Gattin an Bord befunden hatte. Gegen ihn und weitere Gäste an Bord hatte die Stadt ebenfalls Bußgeldbescheide erlassen – Nopper hat inzwischen bezahlt. Sogar dem ZDF-Satiriker Jan Böhmermann war die Affäre in seiner jüngsten Show eine Erwähnung wert.

Caspar selbst machte deutlich, dass er sich als Opfer „irrationaler Angriffe“ seitens der Stadt fühle. Die Eröffnungsfahrt der Neckarflotte auf der „Wilhelma“ habe er auch als Marketing für die Stadt in Coronazeiten gesehen. Nun werde er an den Pranger gestellt. Ein weiteres Verfahren gegen ihn wegen einer Fahrt mit seinem Partyfloß im Mai ist beim Amtsgericht noch anhängig.