Sind sich wieder einig: Christian Lindner (FDP) und Lisa Paus (Grüne) Foto: dpa/Kay Nietfeld

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) äußert Zufriedenheit über den Kompromiss bei der Kindergrundsicherung. Christian Lindner (FDP) legt derweil offen, warum die Verhandlungen mit Paus so zäh gewesen sind.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hat sich zufrieden mit dem Kompromiss zur Kindergrundsicherung gezeigt, auch wenn die Höhe der neuen Leistung hinter ihren Erwartungen zurückbleibt. „Das Ergebnis unserer Verhandlungen ist die umfassendste sozialpolitische Reform seit vielen Jahren“, sagte Paus am Montag in Berlin. Die Gesamtkosten für die Reform sollten sich bei der Einführung im Jahr 2025 zunächst auf 2,4 Milliarden Euro belaufen. 

Die Grünen-Politikerin räumte ein, dass sie  „einen noch größeren Schritt im Kampf gegen Kinderarmut für nötig“ erachte. Dies sei aus finanziellen Gründen derzeit aber nicht möglich gewesen. „Angesichts der Haushaltssituation des Bundes und des sich eintrübenden wirtschaftlichen Umfelds“ sei sie „ mit dem heutigen Ergebnis zufrieden“, sagte Paus.

Die Reform leite einen „Paradigmenwechsel“ ein, betonte die Grünen-Politikerin. „Darauf können wir stolz sein.“ Nach Jahrzehnten der politischen Diskussion sei es „diese Bundesregierung, die eine Antwort auf Kinderarmut in Deutschland gefunden hat“.

Deshalb waren die Verhandlungen so schwer

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hob bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Paus hervor, dass die Koalition „keine generellen Leistungserhöhung verabredet“ habe. „Denn der Grund für Kinderarmut ist ja oft die Armut an Arbeit, an Integration, an Sprachkenntnissen der Eltern“, sagte er. „Deshalb darf von einer Reform der sozialen Unterstützungsleistungen für Familien kein Anreiz ausgehen, sich nicht um Erwerbsarbeit, um Integration, um Sprachkenntnisse zu bemühen.“

Paus und Lindner räumten ein, dass die Verhandlungen in der Koalition über die Kindergrundsicherung schwierig gewesen seien. Paus sprach von zum Teil „wirklich sehr harten Verhandlungen, um in der Sache zu einem guten Ergebnis kommen - aber es hat sich gelohnt.“ 

Lindner sagte, die Gespräche „waren in den letzten Tagen intensiv, das hat sich allerdings auch aus der Komplexität der Materie ergeben und gar nicht ausschließlich aus Kontroversen“.

Das sieht der Kompromiss vor

Zum Inhalt der vereinbarten Kindergrundsicherung sagte Paus: „Wir fassen alle relevanten Leistungen für Kinder zu einer Leistung zusammen. Bis zu 5,6 Millionen armutsbedrohte Familien und ihre Kinder bekommen dadurch die Leistungen schneller, einfacher und direkter.“ Darunter seien „Millionen“ Anspruchsberechtigte, „die vorher gar nicht wussten, dass ihnen diese Unterstützung zusteht.“

Lindner hob hervor, „dass wir mit der Kindergrundsicherung unterschiedliche heute bereits vorhandene Leistungen bündeln wollen und dass wir durch Digitalisierung und Automatisierung die Inanspruchnahme bestehender Leistungen verbessern wollen“. 

Paus kündigte an, das Gesetzgebungsverfahren nun zügig zu beginnen. Wenn das Gesetz zu Jahresbeginn 2025 in Kraft treten soll, müsse das Verfahren nun rasch angestoßen werden mit einer baldigen Verbändeanhörung. Eventuell könne sich das Bundeskabinett bereits Mitte September damit befassen.

So geht es mit dem Wachstumschancengesetz weiter

Nach dem Kompromiss zur Kindergrundsicherung soll nun auch das Wachstumschancengesetz auf den Weg kommen. „Von mir gibt’s keine Einwände“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am Montag in Berlin. Paus hatte die geplanten Steuererleichterungen für Firmen Mitte August wegen der zunächst ungeklärten Finanzierung der Kindergrundsicherung blockiert.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte auf die Frage nach dem Zeitplan für das Wachstumschancengesetz bei der gemeinsamen Pressekonferenz zunächst: „Das kann nur Frau Paus beantworten. Ohne Dich wär es beim letzten Mal ja schon durchgegangen.“ Das Gesetz soll nun bei einer Kabinettssitzung im Rahmen der Klausur der Ministerrunde in Meseberg an diesem Mittwoch auf den Weg gebracht werden. Es sieht rund 50 Steuererleichterungen für Firmen vor.