Nach dem Vollzeitjob an der Supermarktkasse noch ein paar Stunden putzen gehen – keine Seltenheit Foto: dpa

Die meisten Nebenjobber sind auf das finanzielle Zubrot angewiesen. Sie verdienen im Hauptjob nicht genug, um ihre Rechnungen bezahlen zu können, meint Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Rund 2,7 Millionen Beschäftigte in Deutschland verdienen sich nebenbei etwas dazu. So unverfänglich lässt sich die Beschäftigungsstatistik zur Zahl der Nebenjobber formulieren. Welche Motive dahinter stecken, ist jedoch brisanter Stoff, für Stammtischdiskussionen wie für politische Debatten – erst Recht in Wahlkampfzeiten. Bei der Linken klingt das dann vielleicht so: „Arbeit schützt vor Armut nicht“; während die FDP zurückpoltern könnte: „Jeder hat das Recht, sich mit dem Zusatzlohn seine Eigentumswohnung zu verschönern oder das Upgrade für den Urlaubsflug zu verdienen.“

 

Auch wenn die Hintergründe, die zur Aufnahme eines Zweitjobs führen, wenig wissenschaftlich erforscht sind, so ist doch eines klar: Aus purem Spaß an der Arbeit hängen nur die wenigsten Menschen nach dem Ende des regulären Arbeitstages noch ein paar Stunden im Minijob dran. Die große Mehrheit ist schlicht und einfach auf das Zubrot angewiesen. Sie verdienen im Hauptjob nicht genug und brauchen die zusätzlichen Einnahmen, um die Kita-Gebühr, die gestiegene Miete, das Monatstickets oder die Stromrechnung zu bezahlen.

Die Minijobs sind dabei weniger das Problem. Im Gegenteil: Dass die bis zu 450 extra verdienten Euro „brutto für netto“ sind, macht es für die Nebenjobber erst recht attraktiv. Doch schon bei der Befreiung von der Rentenversicherung lauert das böse Erwachen in der Zukunft. Das eigentliche Versäumnis von Politik und Tarifparteien in den vergangenen Jahren besteht darin, dass es bislang nicht gelungen ist, wichtige Branchen wie Pflege, Gastronomie, Einzelhandel oder Erziehung auf ein auskömmliches Lohnniveau zu heben. Es ist gut, dass dort sozialversicherungspflichtige Jobs entstehen – aber sie müssten besser bezahlt werden.