Klaus Wunschik und sein Sohn Tim sind für ihre Bioland-Brote ausgezeichnet worden. Sie erzählen, warum ihnen das Arbeiten mit puren Rohstoffen wichtig ist und wie sie dem Fachkräftemangel entgegentreten.
Wie gut sind wir in dem, was wir tun? Dieser Frage gehen der Bäckermeister Klaus Wunschik und sein Sohn Tim nicht aus dem Weg. Im Gegenteil: Chef und Junior-Chef der Bäckerei „Wuschels Backstub“ wollten von einer externen Jury wissen, wie gut das Brot ist, das sie in ihrer Deckenpfronner Backstube produzieren. Also schickten sie 13 Brotsorten an die Bioland-Brotprüfung nach München und ließen dort ihre Laibe auf Herz und Nieren – oder besser gesagt: Krume und Kruste – testen. Das Ergebnis glänzt: „Wir wurden neunmal mit Gold und viermal mit Silber ausgezeichnet“, sagt Tim Wunschik. Geprüft wurde unter anderem, wie dicht die Poren sind, ob die Bemehlung sauber oder der Brotboden verschmutzt ist, ob Körner verbrannt sind, das Brot zu salzig oder zu sauer schmeckt.
Besonders ist das Ergebnis auch deshalb, weil die Brote nicht mit besonderer Sorgfalt extra für die Prüfung gebacken wurden, sondern am Morgen der Verschickung einfach aus dem Verkaufsregal genommen wurden. Der Chef selbst hatte nicht mitgebacken. „Wir wollten wissen: Wie funktioniert der Betrieb, wenn ich nicht dabei bin? Wir haben das als Test für uns genutzt“, sagt der Bäckermeister und freut sich über die Bestätigung, dass sein Team gut arbeitet.
Wunschik, Wuschnik – ein Zungenbrecher
Klaus Wunschik führt den Bäckereibetrieb, den sein Vater Josef nach dem Krieg gegründet hatte, seit 1988. Aus „Bäckerei Wunschik“ wurde fortan „Wuschels Backstub“, denn: „Wunschik kann niemand aussprechen“, erklärt Klaus Wunschik, den seine Freunde beim Handball immer schon „den Wuschel“ genannt haben. Bis 2010 produzierte der Bäcker in Haslach, dann verlagerte er den Firmensitz nach Deckenpfronn, wo er eine größere Backstube in Betrieb nehmen konnte.
Im Laufe der Jahre eröffnete Wunschik weitere Filialen im Kreis Böblingen, zur Hochzeit waren es zehn. Heute sind es noch sechs Filialen in Deckenpfronn, Bondorf, Gärtringen, Nufringen, Darmsheim und Kuppingen. Die Verkleinerung des Betriebs ging einher mit der Umstellung auf Bio: Seit vier Jahren sind alle Wuschelbrote Bioland-zertifiziert. „Der Kundenkreis ist kleiner geworden, man spricht nicht mehr jeden an“, erklärt Wunschik, der trotzdem von seinem Weg überzeugt ist. Zum Umdenken sei er gekommen, als er beobachtete, dass immer mehr Bäcker künstliche Zusatzstoffe in ihre Teige gaben, die das Brot länger frisch halten oder den Hefezopf besonders fluffig machen sollten. „Die Entwicklung in Bäckereien hin zu technischen Enzymen, die nicht deklariert werden müssen, hat mir nicht gefallen. Das war für mich der Anstoß, dass ich das nicht mehr wollte“, sagt der 57-Jährige. „Ich wollte zurück zum natürlichen Backen und mit Produkten arbeiten, so wie sie mir die Molkerei oder der Müller liefert.“
Der Schritt hin zu Bio sei da nur konsequent gewesen, auch, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen und eine eigene Nische zu finden. „Wir sehen unsere Zukunft in den Themen Bio, Nachhaltigkeit und Regionalität, nicht in der Masse“, sagt Wunschik. Er sei glücklich mit dem Gefühl, wieder ein richtiger Bäcker zu sein, auch wenn die Arbeit dadurch schwieriger geworden sei. Dadurch, dass die Sauerteige 24 Stunden ruhen, bilde sich nicht nur mehr Geschmack – das Brot werde auch bekömmlicher und bleibe auf natürliche Weise länger frisch. Und es geht Wunschik auch um die Umwelt: „Jedes Gramm Kunstdünger, das gespart wird, ist gut“, sagt der Bäcker, und sein Sohn ergänzt: „Das ist nur unser kleiner Mikrokosmos, aber wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass so nachhaltig wie möglich gewirtschaftet wird.“ Und zwar von Anfang bis Ende gedacht: Es soll auch möglichst wenig weggeworfen werden. Deshalb spenden sie alle übrig gebliebenen Waren an einen Foodsharing-Verein.
Die Brote sind aus regionalen Produkten
Was die Rohstoffe betrifft, kennen Klaus und Tim Wunschik ihre Lieferanten, die weitgehend in Bioland-, einige in Bio-Qualität oder regional produzieren. Die Eier kommen vom Hofgut Martinsberg in Rottenburg, Kartoffeln vom Bonländer Kartoffelhof Sautter, Milchprodukte beziehen sie von der Landkäserei Herzog in Ulm und das Mehl stammt von der Oferdinger Mühle bei Reutlingen, die Bioland-Getreide von baden-württembergischen Bauern mahlt. Bio-Produkte aus China kommen für die Wunschiks nicht infrage, auch keine Erdbeeren aus Ägypten. Kunden müssen länger auf Erdbeerkuchen warten als in anderen Bäckereien – Wunschik nennt das den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit einerseits und dem Festhalten an Idealen andererseits. Doch die Geschäftszahlen geben ihm Recht: Die Filialen laufen erfolgreich, sagt er.
Umso bitterer ist es, dass das Geschäft in Darmsheim seit Kurzem nachmittags geschlossen hat. Der Grund ist Personalmangel. Nicht bei den Bäckern, aber im Verkauf. Um ihre Leute zu halten, haben die Wunschiks deshalb vor zwei Jahren unter ihren Mitarbeitern eine Umfrage gemacht, was ihnen bei der Arbeit wichtig ist. Seither werden die Dienstpläne längerfristig festgelegt und Aufgaben wie Bestellungen oder Personalpläne ins Büro ausgelagert, um die Verkäuferinnen zu entlasten. „Bei Personalgesprächen fragen wir: Wie können wir es ermöglichen, dass du die Arbeit und deinen persönlichen Alltag unter einen Hut bekommst? Unser Betrieb ist wie ein Mosaik und wir versuchen, die richtigen Steinchen zu finden, anders geht es heute nicht mehr“, sagt Tim Wunschik.