Wohnungsbau ist in der Landeshauptstadt ein Streitthema – die Frage lautet: Nur im Stadtkern bauen oder auch auf Außenflächen? Foto: dpa

Bisher ein rotes Tuch, heute scheinbar doch denkbar: Für die Grünen im Land scheint Wohnungsbau auf der grünen Wiese nicht mehr ausgeschlossen – anders als in der ebenfalls grün regierten Landeshauptstadt.

Stuttgart - „Manchmal ist es notwendig, die grüne Wiese für den Wohnungsbau zu opfern.“ Das ist eine brisante Aussage, speziell wenn sie von einer Politikerin der Grünen stammt.

Im Interview mit unserer Zeitung erklärt Susanne Bay, wohnungspolitische Grünen-Sprecherin im Landtag, dass angesichts der Wohnungsnot auch im Außenbereich der Städte gebaut werden müsse. Zudem kritisiert sie ihre Politikerkollegen in den Städten: „Kommunen müssen ihrer Verantwortung besser nachkommen.“ Um das Problem des Wohnungsmangels zu lösen, brauche es von der Politik vor Ort „mehr Mut“, so Bay.

Im selben Gespräch bezeichnet der Chef von Haus und Grund Württemberg, Ottmar Wernicke, die hohen Mieten und Immobilienpreise als „Standortnachteil“ für den Südwesten. „Der Wohnungsmangel schreckt inzwischen auch Besserverdienende ab“, so Wernicke.

Die Aussagen Bays sind deswegen bemerkenswert, weil die Grünen eigentlich eine andere Linie vertreten. Zuletzt hatte sich der umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Bernd Murschel (Wahlkreis Böblingen), so geäußert: „Die zunehmende Überbauung in kurzer Zeit zerstört, was in Hunderten bis Zehntausenden Jahren entstanden ist. Wir müssen deshalb unsere Anstrengungen steigern, den Flächenverbrauch zu senken.“ Das Ziel, keinen Boden mehr zu versiegeln, sei „im Koalitionsvertrag verankert“.

Haus-und-Grund-Geschäftsführer Wernicke übt im Interview ebenfalls Kritik an der Lokalpolitik: Die Verwaltungen vor Ort reagierten zu wenig flexibel auf neue Ideen zur Linderung der Wohnungsnot. Sowohl Bay als auch Wernicke fordern, dass neue Wohngebiete auch auf dem Land möglichst dicht bebaut werden sollen.